Einst war das Managementhandbuch das zentrale Medium für die umfassende Dokumentation eines (Qualitäts-)Managementsystems. Der Begriff ist jedoch mit der Zeit und den Revisionen der bekannten Managementsystemnormen wie ISO 9001 (Qualität), ISO 14001 (Umwelt) oder ISO 27001 (Informationssicherheit) aus dem Blickfeld geraten, der Grund: Die überarbeiteten Normen fordern kein (QM-)Handbuch mehr.

Das heißt natürlich nicht, dass ein solches Handbuch nicht mehr geführt (man sagt auch „hinterlegt“) werden sollte oder gar dürfte – es heißt nur, dass Unternehmen nun freier entscheiden können, auf welche Weise und mit welchen Medien sie die dokumentierte Information ihres Managementsystems führen und sonstige Informationen, die sie für notwendig oder wissenswert erachten, festhalten wollen.

Das Managementhandbuch früher und heute

Die Vorgängerversion von ISO 9001:2015 (also ISO 9001:2008) forderte die Erstellung und Aufrechterhaltung eines solchen Handbuches in Kapitel 4.2.2 noch explizit. Es musste den Anwendungsbereich und mögliche Ausschlüsse enthalten, außerdem die für das QMS erstellten dokumentierten Verfahren, wie es damals noch genannt wurde, oder auch Verweise darauf; außerdem war eine Beschreibung gefordert, wie und inwieweit die Prozesse des QMS miteinander in Wechselwirkung stehen.

Nicht wenige Unternehmen, die heute ein sog. Management-Handbuch führen – oder besser gesagt „herausgeben“ –, nutzen es eher in der Art einer Informations- oder gar Werbebroschüre. Sie präsentieren damit ihr Unternehmen, ihre „Politik“, ihre „Philosophie“ und vor allen Dingen ihre grundsätzliche Herangehensweise in Bezug auf ihr Managementsystem. Unternehmen beabsichtigen damit, gegenüber ihren interessierten Parteien eine gewisse Transparenz zu zeigen und Vertrauen zu schaffen.

Diese Management-Handbücher orientieren sich oft an der Gliederung der jeweiligen Norm, also an den Kapiteln, die die gemeinsame Grundstruktur aller ISO-Managementsystemnormen (High Level Structure / HLS) vorgibt. Manche sind allerdings etwas versetzt zu der offiziellen Kapitelnummerierung der Normen, was dem Leser bisweilen eine gesteigerte Aufmerksamkeit abverlangt.

Enthalten diese Handbücher die heute geforderte dokumentierte Information?

Diese Art der Management-Handbücher enthält jedoch keine dokumentierte Information im engeren Sinn der Norm – was auch nicht verwundert. Denn die dokumentierte Information enthält in der Regel vielerlei Interna, vertrauliche Details, die man eigentlich nicht im Internet oder sonst wo wiederfinden möchte. Die Management-Handbücher der neueren Art dienen also hauptsächlich der Außendarstellung. So können Kunden oder Geschäftspartner anhand der Beschreibungen ein Stück weit erkennen, welche Herangehensweisen ein Unternehmen prägen, im Ansatz auch, wie reif und wirksam ein Managementsystem möglicherweise ist.

Ein weiterer Nutzen solcher Management-Handbücher ist ihre auf einen Überblick angelegte Informationsstruktur, die auch einen internen Nutzen generiert. Dies vor allem für neue Mitarbeiter, die sich auf diese Weise ein erstes Bild von der Prozesslandschaft des Managementsystems und den internen und externen Themen nebst den interessierten Parteien eines Unternehmens machen können – eine gute Möglichkeit, den Kontext des neuen Arbeitgebers kennenzulernen und zu verstehen.

 

Wie wird dokumentierte Information heute geführt?

Unternehmen bedienen sich heute in der Regel entweder erworbener oder in Eigenentwicklung erstellter elektronischer Programme, die den Zugang zur dokumentierten Information über das Intranet ermöglichen. Was die jeweiligen Rechte bezüglich der Erstellung, Aufrechterhaltung und Aufbewahrung dokumentierter Information anbelangt, hat sich dadurch jedoch nichts Gravierendes geändert. Die konkrete Herangehensweise unterscheidet sich dabei jedoch von Unternehmen zu Unternehmen. Es muss aber auf jeden Fall sichergestellt sein, dass Mitarbeiter auf den für sie relevanten Bereich jederzeit (zumindest informativen) Zugriff haben.

Ob in Zeiten fortschreitender Digitalisierung relevante dokumentierte Information zusätzlich auch noch im Papierformat (in Ordnern!) verfügbar sind, entscheidet jedes Unternehmen, ggf. auch jede Abteilung für sich – „verboten“ ist es nicht!

 

Fazit

Das (Qualitäts-)Management-Handbuch begann einst als Normanforderung von ISO 9001, wo es bis einschließlich ISO 9001:2008 das zentrale Medium für die Dokumentation darstellte. Seit der großen Revision von 2015 wird das Management-Handbuch nicht mehr ausdrücklich gefordert, hat dafür aber eine neue Karriere als Informations- und Marketingbroschüre eingeschlagen – allerdings ohne vertrauliche Interna.

Nach außen gibt es Kunden und Geschäftspartnern Auskunft über die generelle Herangehensweise und Struktur des Managementsystems was für Transparenz und Vertrauen sorgen soll. Nach innen sind vor allem neue Mitarbeiter dankbar für den informativen Überblick über das Managementsystem inkl. der internen und externen Themen des Unternehmens. Hier erleichtert die neue Funktion des Management-Handbuchs das „Kennenlernen und Verstehen des Kontextes der Organisation“, wie es in den ISO-Managementsystemnormen unisono in Kapitel 4.1 gefordert wird, wesentlich.

Die dokumentierte Information, wie die Dokumentation seit Einführung der gemeinsamen Grundstruktur im Jahr 2012 heißt, findet heute meist mithilfe elektronischer Medien statt, die relevanten Informationen sind für Befugte in der Regel über das Intranet einzusehen.

Autor
Ute Dröge

In ihrer Rolle als langjährige Auditorin und Normexpertin ist Ute Dröge eine zentrale Ansprechpartnerin für den Großkundenbereich der DQS. Ihre umfassende Expertise erstreckt sich über diverse Branchen und konzentriert sich auf die Schwerpunkte Qualität, Umwelt, Arbeitssicherheit und Energiemanagement. Im Rahmen der DQS Academy wird insbesondere das umfangreiche Fachwissen der erfahrenen Moderatorin und Trainerin geschätzt.

 

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