Die oberste Leitung bezeichnet die Führungsebene, die für die Wirksamkeit, Aufrechterhaltung und Weiterentwicklung des Managementsystems einer Organisation verantwortlich ist. Mit der Einführung der Grundstruktur (High-Level Structure) als standardisierte Basis aller modernen ISO-Managementsystemnormen, betont Kapitel 5.1 „Führung und Verpflichtung“ die klare Zuweisung dieser Verantwortung an die oberste Leitung. Sie ist mit Blick auf das Managementsystem nicht nur rechenschaftspflichtig, sondern muss auch die nötigen Ressourcen für das Managementsystem bereitstellen, Zuständigkeiten und Befugnisse definieren und eine aktive Rolle einnehmen, um die Umsetzung der Normanforderungen im Unternehmensalltag zu gewährleisten.

Was fordert die Norm?

Die oberste Leitung (engl. top management) ist laut Kapitel 3.1.1 der internationalen Norm ISO 9000 eine ...

„Person oder Personengruppe, die eine Organisation auf der obersten Ebene führt und steuert“.

DIN EN ISO 9000: 2015-11 – Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe

Gemäß dieser Normdefinition handelt es sich also um eine Person oder eine Personengruppe auf der höchsten Ebene der Entscheidungsbefugnis. Auf dieser Ebene wird über Ressourcen entschieden und es darf Verantwortung delegiert werden. In den meisten Unternehmen gehen diese Merkmale mit einer Geschäftsleitungsfunktion und der entsprechenden Handlungsvollmacht einher.

Gleichzeitig ist es aber auch ein typischer Normbegriff, wie er im Unternehmensalltag praktisch nie verwendet wird. In der Praxis spricht man eher von einem Geschäftsführer, dem Top-Management oder der Unternehmensleitung.

Allerdings trifft diese Benennung aus Sicht der Norm nicht in jedem Fall zu: Denn „die Organisation“ ist, was ihr Managementsystem betrifft, nicht immer identisch mit „dem Unternehmen“. Es kommt dabei immer auf den Anwendungsbereich des Managementsystems an! Damit kann „die Organisation“ aus Sicht der Norm durchaus auch nur einen Teil eines komplexen Unternehmens umfassen. In diesem Fall kann die oberste Leitung der Organisation durchaus der Geschäftsleitung des gesamten Unternehmens unterstellt sein.

 

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ISO 9001 in der Praxis

Auditfragen und mögliche Nachweise

Die Anforderungen an die oberste Leitung finden sich in allen modernen Managementsystemnormen der ISO in Kapitel 5 „Führung“. Gemäß der Norm übernimmt sie die Rechenschaftspflicht für die Wirksamkeit des Managementsystems. Das bedeutet auch, dass die Qualität der Auditierung und der Umgang mit den Auditergebnissen in ihrem Verantwortungsbereich liegt. Unser kostenfreier Auditleitfaden orientiert sich an den Kapiteln von ISO 9001:2015 und ist damit eine gute Checkliste für die Vorbereitung auf Ihre nächsten externen oder internen Audits. 

In der Vergangenheit war diese Verantwortung oft dem „Beauftragten der obersten Leitung“ zugeschrieben. Diese spezifische Rolle ist in der aktuellen Normversion nicht mehr ausdrücklich gefordert, da die damit verbundenen Aufgaben nun direkt der obersten Leitung zugeordnet sind.

 

Welche Aufgaben hat die oberste Leitung im Managementsystem?

Die Verantwortung der obersten Leitung für das Managementsystem hat sich mit der Einführung der gemeinsamen Grundstruktur der Managementsystemnormen (High Level Structure, HLS) mit gemeinsamen Kapiteln, Textbausteinen und Begriffen deutlich verstärkt. Die Anforderungen an die oberste Leitung finden sich in Kapitel 5 „Führung“.

Vergleicht man beispielsweise die Qualitätsmanagementnorm DIN EN ISO 9001:2015 mit ihrer Vorgängerversion von 2008 fällt zunächst der geänderte Titel auf: Aus ehemals „Verantwortung der Leitung“ wurde schlicht „Führung“. Und das hat es in sich: Der Umfang des Kapitels ist um etwa 50 % gewachsen. Auffällig ist der hohe Detaillierungsgrad der Anforderungen: So werden allein im ersten Unterkapitel – 5.1 Führung und Verpflichtung – zehn einzelne Handlungsthemen beschrieben:

  • Sicherstellen, dass das Managementsystem seine beabsichtigten Ergebnisse erzielt
  • Übernahme der Rechenschaftspflicht für die Wirksamkeit des Managementsystems
  • Festlegen von Politik und Zielen
  • Festlegen von Rollen, Befugnissen und Verantwortlichkeiten
  • Integration aller Normanforderungen in die Geschäftsprozesse
  • Anwenden des prozessorientierten und risikobasierten Ansatzes
  • Bereitstellen der erforderlichen Ressourcen
  • Vermitteln der Bedeutung eines wirksamen Managementsystems
  • Einsatz und Unterstützung von Personen, die zur Wirksamkeit des Managementsystems beitragen
  • Fördern der fortlaufenden Verbesserung
  • Unterstützen anderer relevanter Führungskräfte, um deren Führungsrolle in deren jeweiligem Verantwortungsbereich deutlich zu machen

UNSER LESETIPP:

Führung und Verpflichtung in ISO 45001

Mit Blick auf Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit (SGA) geht der Detaillierungsgrad mit 13 Anforderungen an die oberste Leitung sogar noch über ISO 9001 hinaus. Im kostenfreien Whitepaper richten wir das Augenmerk unter anderem auf klassische SGA-Mängel im Zusammenhang mit der Verantwortung der obersten Leitung.

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Die oberste Leitung im Zertifizierungsaudit

Was erwartet die DQS als Zertifizierungsunternehmen von der Unternehmensleitung, wenn sie ein Audit durchführt? Führung erfordert laut ISO 9001 ein persönliches, aktives Mitwirken der obersten Leitung im Managementsystem. Auch die gelebte Unternehmenskultur und Politik soll von "ganz oben" ins Unternehmen getragen werden. In dieser Führungsrolle liegt zudem die Verantwortung, kontinuierliche Verbesserungsprozesse aktiv zu fördern und die Realisierung der angestrebten Ziele zu gewährleisten.

Nachweise finden sich in Form von aussagekräftigen, faktenbasierten Managementbewertungen, in Protokollen, persönlichen Botschaften, Entscheidungen und, nicht zuletzt, in einer beständig hohen Qualität der Produkte und Dienstleistungen.

Wer seine Verpflichtung solchermaßen spürbar wahrnimmt, ist für die Zertifizierung bestens gerüstet.

Rückblick: der Beauftragte der obersten Leitung

Ein Rückblick auf die Vorgängerversion ISO 9001:2008 zeigt, inwieweit das Kapitel 5.1 eine wesentliche Veränderung gebracht hat. Damals oblag Rechenschaftspflicht, auch wenn diese Pflicht von der Norm nicht so genannt wurde, dem sogenannten „Beauftragten der obersten Leitung“ (BdoL). Der allerdings musste seinerseits Mitglied der obersten Leitung sein, und den restlichen Mitgliedern lediglich berichten. Mit den seit 2015 geltenden Normanforderungen hat sich das entscheidend geändert.

Die oberste Leitung eines Unternehmens muss unmissverständlich Führung und Verpflichtung zeigen, und zwar durch Steuerung und persönlichen Einsatz.

Fazit: die oberste Leitung in ISO 9001

Die oberste Leitung ist ein Begriff, der sich auf das Managementsystem eines Unternehmens oder einer Organisation bezieht. Sie muss nicht zwangsläufig die oberste Leitung des gesamten Unternehmens sein. Zum Beispiel dann, wenn der Anwendungsbereich des Managementsystems nur einen Teil einer Organisation umfasst, bezieht sich die „oberste Leitung” auf diejenigen, die diesen Teil führen und steuern.

Mit der gemeinsamen Grundstruktur (HLS), über die heute alle modernen ISO-Managementsystemnormen verfügen, wurde in Kapitel 5.1 die Rechenschaftspflicht für das Managementsystem auf die gesamte oberste Leitung übertragen, die zuvor in ähnlicher Form ein sogenannter „Beauftragter der obersten Leitung“ innehatte.

Die Aufgaben der obersten Leitung sind in der aktuellen Normversion von ISO 9001: 2015 konkretisiert und erweitert. Sie muss vielmehr für das Managementsystem „den Kopf hinhalten“, es mit den benötigten Ressourcen ausstatten, Rollen und Verantwortlichkeiten zuweisen und nicht zuletzt auch ein Vorbild für jene sein, die im Unternehmensalltag die Normanforderungen in die Praxis umzusetzen haben.

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Hinweis: Wir verwenden aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum. Die Direktive schließt jedoch grundsätzlich Personen jeglicher Geschlechteridentitäten mit ein, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

Autor
Ute Dröge

In ihrer Rolle als langjährige Auditorin und Normexpertin ist Ute Dröge eine zentrale Ansprechpartnerin für den Großkundenbereich der DQS. Ihre umfassende Expertise erstreckt sich über diverse Branchen und konzentriert sich auf die Schwerpunkte Qualität, Umwelt, Arbeitssicherheit und Energiemanagement. Im Rahmen der DQS Academy wird insbesondere das umfangreiche Fachwissen der erfahrenen Moderatorin und Trainerin geschätzt.

 

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