Am 27. Dezember 2022 wurde die NIS-2-Richtlinie („The Network and Information Security (NIS) Directive“) im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht. Am 16. Januar 2023 trat sie in Kraft. NIS2 stellt die regulatorische Grundlage für die Cybersicherheit und den Schutz von Informationssystemen in Unternehmen und Organisationen dar.
Die NIS-2-Richtlinie als EU-weite Gesetzgebung zur Erhöhung des allgemeinen Niveaus der Cybersicherheit sollte bis Oktober 2024 in nationales Recht überführt sein, doch es kommt aktuell zu Verzögerungen bis voraussichtlich Frühjahr 2025. Juristen, Betroffene, Dienstleister und Cybersicherheits-Experten haben die seit April 2023 mehrfach geleakten und offiziell veröffentlichten Referentenentwürfe kontrovers diskutiert. Wichtige Fragen blieben dabei lange unbeantwortet:
- Welche Sektoren und Einrichtungen sind betroffen?
- Ab welcher Unternehmensgröße besteht Betroffenheit?
- Wie konkret werden die Anforderungen an die technischen und organisatorischen Maßnahmen ausgeprägt sein?
- Wie steht es um die Bußgelder und die Geschäftsführerhaftung bei Vorfällen?
- ...
NIS2UmsuCG – vorerst das Ende weiterer Anpassungen
Die Bundesregierung hat am 24. Juli 2024 den Regierungsentwurf des NIS2UmsuCG (Stand 22.07.2024) verabschiedet und auf den Weg gebracht. Der Entwurf muss nun noch Bundesrat und Bundestag durchlaufen, bevor das Gesetz nach Abschluss des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens unterzeichnet und verkündet werden und in Kraft treten kann. Zurzeit rechnet die Bundesregierung mit einem Inkrafttreten des NIS2UmsuCG im März 2025.
Auch wenn sich die nationale Umsetzung verzögert, können die oben genannten Fragen auf Basis des Referentenentwurfs mit hoher Zuverlässigkeit beantwortet werden.
Wer ist vom NIS2UmsuCG betroffen?
Von dem neuen Gesetz sind Unternehmen aus verschiedenen Sektoren der Wirtschaft betroffen:
- zum einen aus Sektoren "besonders wichtiger" und "wichtiger Einrichtungen": Energie; Transport und Verkehr; Finanzwesen; Gesundheitswesen; Wasser und Abwasser; Digitale Infrastruktur; Weltraum
- zum anderen aus Sektoren "wichtiger Einrichtungen": Post- und Kurierdienste; Abfallbewirtschaftung; Produktion, Herstellung und Handel mit chemischen Stoffen; Produktion, Verarbeitung und Vertrieb von Lebensmitteln; verarbeitendes Gewerbe und Herstellung von Waren; Anbieter digitaler Dienste; Forschung
Allerdings sind die in diesen Sektoren tätigen Unternehmen nicht automatisch betroffen.
Je nach konkreter Mitarbeiterzahl und finanziellen Schwellenwerten („size-cap rule“) wird in § 28 NIS2UmsuCG zwischen „besonders wichtigen“ und „wichtigen“ Einrichtungen unterschieden:
- Als besonders wichtige Einrichtungen gelten Unternehmen aus den in Anlage 1 genannten Sektoren mit über 250 Mitarbeitern oder über 50 Mio. Euro Jahresumsatz und Jahresbilanzsumme über 43 Mio. Euro. Ebenfalls mit Sonderregelungen zugeordnet sind qualifizierte Vertrauensdienstanbieter, Top-Level-Domain-Anbieter, DNS-Anbieter, TK-Anbieter sowie Betreiber kritischer Anlagen.
- Als wichtige Einrichtungen gelten Unternehmen aus den in Anlage 1 und Anlage 2 genannten Sektoren mit über 50 Mitarbeitern oder über 10 Mio. Euro Umsatz und über 10 Mio. Euro Jahresbilanzsumme. Vertrauensdienste und TK-Anbieter sind ebenfalls mit Sonderregelungen zugordnet.
Die NIS2 Betroffenheitsprüfung des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) bietet dafür in wenigen Schritten eine erste Orientierung.