Wie wird sich die CSR-Berichtspflicht verändern?
Deutschland hatte die EU-Richtlinie NFRD mit dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz (CSR-RUG) im Jahr 2014 in nationales Recht umgesetzt. In den Anwendungsbereich des CSR-RUG fallen in Deutschland nur ca. 550 kapitalmarktorientierte Unternehmen. Innerhalb der EU sind nur ca. 11.700 Unternehmen verpflichtet, nichtfinanzielle Informationen offenzulegen.
Die Berichtspflicht gemäß CSR-RUG greift zudem nur dann, wenn die unternehmerischen Aktivitäten sich sowohl auf das Geschäftsergebnis als auch auf Menschen und Umwelt nachteilig auswirken. Diese sogenannte doppelte Wesentlichkeit hat einen klaren Investorenfokus, nämlich langfristige Rentabilität mit sozialer Gerechtigkeit und Umweltschutz zu verbinden. Die NFRD enthält keine umfassenden Vorgaben für die Berichterstattung. Zwar hatte die Kommission 2017 Leitlinien für die nichtfinanzielle Berichterstattung veröffentlicht, diese sind jedoch sehr knapp und abstrakt gehalten. Viel umfassender und konkreter sind freiwillige Berichterstattungsstandards wie beispielsweise die der Global Reporting Initiative.
Um die nichtfinanzielle Berichterstattung näher an die finanzielle Berichterstattung heranzurücken und die Lücken im bisherigen System zu schließen, hat die EU-Kommission im April 2021 nicht nur den Entwurf für eine neue Nachhaltigkeitsberichterstattung vorgelegt, sondern als weitere zentrale Reformmaßnahme die Entwicklung europäischer Standards für die Nachhaltigkeitsberichtserstattung angestoßen. Diese sollen die Berichtsinhalte konkretisieren und ausweiten. Sie werden derzeit von der European Financial Reporting Advisory Group (EFRAG) erarbeitet. Die verbindlichen europäischen Berichtsstandards, die sog. EU Sustainability Reporting Standards (ESRS) sollen bis zum 30.06.2023 bzw. 2024 verabschiedet werden.
ESRS: Welche Anforderungen kommen auf betroffene Unternehmen zu?
Die neuen Standards enthalten Vorgaben für:
- Umweltaspekte (Klima, Wasser, Kreislaufwirtschaft, Verschmutzung und Biodiversität)
- Sozialaspekte (Gleichbehandlung, Arbeitsbedingungen und Beachtung der Menschenrechte)
- Governanceaspekte (Unternehmensorgane, interne Kontroll- und Risikomanagementsysteme, Antikorruption, politische Einflussnahme und Zahlungspraktiken)
Die sektorspezifischen Standards konkretisieren die Vorgaben für Bereiche, deren wirtschaftliche Aktivität mit hohen Risiken und/oder Auswirkungen einhergeht. Dementsprechend fallen darunter, u.a. die Land- und Forstwirtschaft, Bergbau, verarbeitendes Gewerbe, Herstellung von Waren, Energie- und Wasserversorgung, Baugewerbe, Handel, Verkehr und Lagerung, Grundstücks- und Wohnungswesen.
Anhand dieser sektorspezifischen Standards sollen die Unternehmen ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie beschreiben und aufzeigen, wie widerstandsfähig beide im Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte sind.
Eine wichtige Änderung, die die CSRD mit sich bringt, ist die Klarstellung des Prinzips der doppelte Wesentlichkeitsperspektive: Sachverhalte sind demzufolge als wesentlich einzustufen, wenn sie entweder für den Geschäftserfolg oder aus ökologischen bzw. sozialen Gesichtspunkten wesentlich sind. Bislang waren Themen nur wesentlich, wenn beides zutreffend war, was bei einer strengen Auslegung dazu führt, dass nur wenige Sachverhalte berichtspflichtig sind.
Die Richtlinie verpflichtet Unternehmen darüber hinaus, „ihre Pläne offenzulegen, um sicherzustellen, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit dem Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und mit den Zielen der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5 °C im Einklang mit dem Pariser Abkommen und der Erreichung der Klimaneutralität bis 2050 stehen.“
Ebenso werden die Unternehmen verpflichtet, qualitative, quantitative, zukunftsorientierte und vergangenheitsorientierte Informationen, über die ganze Wertschöpfungskette, über kurz,- mittel- und langfristige Zeithorizonte zu liefern. Dabei umfasst die Wertschöpfungskette den eigenen Geschäftsbereich, die erstellten Produkte und Dienstleistungen sowie die Geschäftsbeziehungen des Unternehmens innerhalb und außerhalb des Unionsgebiets.
Von dieser sehr umfassenden Berichterstattung über die Wertschöpfungskette können Unternehmen innerhalb der ersten drei Jahre ab Geltung der Richtlinie nur abweichen, falls sie erklären, warum diese Informationen nicht verfügbar sind und wie sie zukünftig diese Informationen beschaffen werden.
Letztendlich soll der erweiterte und qualifizierte Berichtsumfang das Greenwashing beenden.
Wo und wie soll der Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht werden?
Um diesen erhöhten Informationsgehalt auch wirksam zu kommunizieren und seinen künftigen Stellenwert zu unterstreichen, soll die Berichterstattung gemäß der Richtlinie zukünftig in einem separaten Abschnitt des Lageberichtes erfolgen. Bislang können die betroffenen Unternehmen selbst entscheiden, ob sie über Nachhaltigkeitsinformationen im Lagebericht, an unterschiedlichen Stellen des Lageberichts oder in einem separaten Nachhaltigkeitsbericht informieren.
Der Konzernlagebericht muss darüber hinaus künftig maschinenlesbar im XHTML-Format erstellt werden, um die Vergleichbarkeit der Berichterstattung mit anderen Unternehmen für Investoren und andere Interessenträger zu verbessern.
Wie wird die Umsetzung kontrolliert? - Prüfung und Sanktionen
Anders als die CSR-Richtlinie sieht die Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung eine zwingende externe Prüfung vor. Diese erfolgt zunächst nur mit begrenzter Sicherheit (prüferische Durchsicht bzw. „limited assurance“). Spätestens im Oktober 2028 will die EU Kommission jedoch entscheiden, ob die Prüfungstiefe angehoben wird, so dass eine Prüfung mit hinreichender Sicherheit („reasonable assurance“) für die Berichterstattung vorgegeben wird. Damit wird die Prüfungssicherheit im Bereich der Nachhaltigkeitsberichtserstattung vergleichbar mit derjenigen für die Finanzberichterstattung.