Die Norm ISO 14001 stellt Anforderungen an Umweltmanagementsysteme (UMS). Einige dieser Anforderungen haben für die Wirksamkeit eines UMS zentralen Charakter. Dazu gehören auch die Anforderungen an die Maßnahmen zum Umgang mit Risiken und Chancen, dies besonders mit Blick auf die bedeutenden Umweltaspekte eines Unternehmens. Unser Normexperte zeigt im folgenden Beitrag ein mögliches Herangehen zur normkonformen Umsetzung auf.

INHALT
- Bedeutende Umweltaspekte im Umweltmanagement
- Welche wesentlichen Anforderungen stellt die Norm?
- Umweltaspekte in der Lebenswegbetrachtung
- Allgemeine Herangehensweise
- Beispiele für Umweltaspekte
- Umweltaspekte ermitteln und bewerten
- Bewertungsmatrix und Bewertungskriterien
- Zusammenfassung
- DQS: Das können wir für Sie tun
Was sind bedeutende Umweltaspekte im Umweltmanagement?
Der Fachbegriff ist tatsächlich nicht selbsterklärend, weshalb die bekannte Umweltnorm DIN EN ISO 14001 dazu folgende Definition liefert:
„Umweltaspekt: Bestandteil der Tätigkeiten oder Produkte oder Dienstleistungen einer Organisation, der in Wechselwirkung mit der Umwelt tritt oder treten kann“.
DIN EN ISO 14001:2015 – Umweltmanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung
Die Anmerkungen zur Definition ergänzen sinngemäß – und das ist das Entscheidende –, dass ein Umweltaspekt nur dann ein Umweltaspekt ist, wenn er eine oder mehrere Umweltauswirkungen hat oder zumindest haben kann. Dabei gilt die Regel: Je bedeutender ein Umweltaspekt ist, desto bedeutender ist gegebenenfalls auch dessen Auswirkung auf die Umwelt.
Nach dieser Definition ist praktisch jede Art von Unternehmensaktivität mit mehr oder weniger bedeutenden Umweltaspekten behaftet. Im weiteren Sinn ist beispielsweise bereits dem Versenden eines Pakets ein Umweltaspekt zu eigen. Was im Einzelfall noch nicht von Belang sein mag, kann sich jedoch bei massenhaftem Paketversand (etwa bei einem Versandhandel) zu einem bedeutenden Umweltaspekt ausweiten.
Welche wesentlichen Anforderungen stellt die Form?
In Kapitel 6.1.2 von ISO 14001 werden die Anforderungen hinsichtlich der Umweltaspekte konkretisiert.
Das Unternehmen muss zunächst unter Berücksichtigung des In- und Outputs von Material und Energie und aller realistischen Betriebszustände seine Umweltaspekte und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt ermitteln und bewerten, und zwar innerhalb des Anwendungsbereichs des UMS.

ISO 14001 Anwendungsbereich - Was fordert die Form?
Ebenfalls im DQS Blog: Was genau versteht die Norm in Kapitel 4.3 unter dem Anwendungsbereich, welche Punkte sind zu beachten? Ist die Norm für mich als Entscheider in einer kleinen oder mittelständischen Firma überhaupt relevant?
Im nächsten Schritt sind jene Umweltaspekte zu ermitteln, die eine bedeutende Veränderung der Umwelt bewirken oder bewirken können, und demzufolge für das Umweltmanagementsystem relevant sind. Wesentlich dabei ist, dass Ihr Unternehmen die ermittelten Umweltaspekte auch steuern oder zumindest beeinflussen kann.
Umweltaspekte in der Lebenswegbetrachtung
Gleichzeitig fordert die Umweltnorm, dass bei der Ermittlung der Umweltaspekte der Lebensweg, sowohl von Produkten, als auch von Dienstleistungen, berücksichtigt wird. Das können zum Beispiel auch Umweltaspekte nebst Umweltauswirkungen sein, die sich aus der Behandlung von Produkten am Ende ihres Lebenswegs ergeben – gegebenenfalls lange nachdem Ihr Produkt das Unternehmen verlassen hat. Natürlich spielt hier auch der Beginn des Lebenswegs eine Rolle, ein Stichwort hier ist etwa die Beschaffung von Rohstoffen oder Komponenten für ein Produkt.
Das Erstellen einer regelrechten Öko-Bilanz von Produkten oder Dienstleistungen ist in den Normanforderung jedoch nicht enthalten. Im Anhang des Regelwerkes DIN ISO 14001 heißt es unter A.6.1.2, dass eine „sorgfältige Betrachtung“ der einzelnen Abschnitte des Lebenswegs, auf die das Unternehmen Einfluss nehmen kann, genügt.
Was allerdings eine „sorgfältige Betrachtung“ genau bedeutet, gibt die Norm nicht vor. Darüber muss jedes Unternehmen bzw. jede Organisation unter Berücksichtigung der spezifischen Situation selbst entscheiden.

Schulung ISO 14001 – Grundlagen eines Umwelt-Managementsystems
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Aus dem Inhalt:
- Grundlagen und Ziele von ISO 14001
- Planung mit Umweltzielen und -programmen
- Lebenswegbetrachtung und deren risikoorientierte Umsetzung
- Ablauf eines Zertifizierungsverfahrens
Umweltaspekte bestimmen: Allgemeine Herangehensweise
Es ist nicht notwendig, jeden Rohstoff, jedes einzelne Produkt oder jede einzelne Tätigkeit im Zug einer Dienstleistung auf Relevanz als möglicher Umweltaspekt zu untersuchen. Vielmehr kann Ihr Unternehmen auch Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen sinnvoll gruppieren bzw. in Kategorien einteilen, aber nur, wenn gemeinsame signifikante Merkmale vorliegen.
„Das Management der Umweltaspekte wird nach ISO 14001:2015 als Umweltleistung bezeichnet.“
DIN EN ISO 14001:2015, Kap. 3.4.11
Schließlich muss Ihr Unternehmen bestimmen, ob sich aus diesen Merkmalen relevante Aspekte ergeben, welche bedeutenden Umweltauswirkungen daraus möglicherweise resultieren und wie die Umweltleistung verbessert werden kann. ISO 14001 macht im Anhang unter A.6.1.2 Vorschläge, welche Umweltaspekte dabei unter Umständen in Frage kommen. Diese „Checkliste“ ist jedoch weder vollständig, noch treffen die genannten Aspekte auf jedes Unternehmen und jede Organisation gleichermaßen zu.
Beispiele für Umweltaspekte
- Emissionen in die Atmosphäre
- Ableitungen in Gewässer
- Verunreinigung von Böden
- Verbrauch von Rohstoffen und natürlichen Ressourcen
- Verbrauch und Freisetzung von Energie
- Erzeugung von Abfall
- Verbrauch von Flächen
Diese Aufzählung nennt übergeordnete Umweltaspekte, die gegebenenfalls weiter aufgeschlüsselt werden müssen. So geht zum Beispiel dem Verbrauch von Rohstoffen immer auch der Abbau und Transport dieser Rohstoffe voraus. Dadurch ergeben sich wieder einzelne, nur teilweise steuerbare, aber eventuell beeinflussbare Umweltaspekte.
Die oben bereits erwähnte Betrachtung des Lebensweges eines Produkts oder einer Dienstleistung spielt für die Festlegung auf indirekte oder direkte Umweltaspekte also eine wesentliche Rolle. Berücksichtigt werden müssen auch Produkte und Dienstleistungen Dritter, die in die Aktivität des Unternehmens einfließen.
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Umweltaspekte im Umweltmanagement ermitteln und bewerten
Zur Ermittlung der bedeutenden Umweltaspekte im Unternehmen gibt die ISO-Norm keine Methode vor, an die sich Umweltmanagementbeauftragte (UMB) halten könnten. Im Anhang steht dazu folgende Aussage: „Für die Bestimmung der bedeutenden Umweltaspekte gibt es keine spezielle Methode, allerdings sollten die Methode und die festgelegten Kriterien konsistente Ergebnisse liefern.“
Ein guter Einstieg ist, Umweltaspekte mit Blick auf alle Betriebszustände (bestimmungsgemäß und nicht bestimmungsgemäß) sowie nach direkten und indirekten Aspekten zu unterscheiden. Am besten geschieht dies entlang der oben in der Checkliste aufgeführten Beispiele möglicher Umweltaspekte. Dabei ist es sinnvoll, die möglicherweise daraus resultierenden Umweltauswirkungen gleich mit zu betrachten.
„Umweltaspekte müssen nicht nur negative Umweltauswirkungen haben – sie können auch positive Folgen haben.”
Zur Bewertung, ob ein Umweltaspekt bedeutend ist, müssen Umweltkriterien festgelegt werden. Diese Umweltkriterien sind jeweils nach der Art des Umweltaspekts und der Schwere der möglichen Umweltauswirkung einzuordnen. Dabei ist zu beachten, dass ein auf den ersten Blick eventuell nicht bedeutender Umweltaspekt durch die Anwendung weiterer Kriterien Bedeutung erlangen kann. Dies sollte zum Beispiel mit Blick auf rechtliche Verpflichtungen oder Anliegen von interessierten Parteien der Fall sein.
ISO 14001 spricht im Zusammenhang mit der Ermittlung von bedeutenden Umweltaspekten nicht nur von solchen, die nachteilige Umweltauswirkungen haben, sondern auch von jenen, die sich positiv auf die Umwelt auswirken. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein Unternehmen entsprechende Tätigkeiten veranlasst, zum Beispiel die Verbesserung der Wasser- oder Bodenqualität oder die Stärkung des Umweltbewusstseins durch Schulungen.
Bewertungsmatrix und Bewertungskriterien
Die Ermittlung bedeutender Umweltaspekte sollte prozessorientiert erfolgen und auf einer Input-Output-Analyse basieren, eventuell in organisatorische (auch räumliche) Einheiten gegliedert. Für eine solche Analyse bedarf es geeigneter Kennzahlen, beispielsweise durch Messungen. Mit deren Hilfe der Kennzahlen können eingehende Stoffströme und ausgehende Stoffströme ermittelt und quantifiziert werden.
Eingehende Stoffströme – Beispiele
Energie, Wasser, Rohstoffe, Hilfsstoffe etc.
Ausgehende Stoffströme – Beispiele
Produkte, Abfall, Emissionen, Abwasser, Abwärme etc.
Zur regelmäßigen Bewertung der ermittelten direkten und indirekten Umweltaspekte kann die recht einfach umzusetzende ABC-Methode herangezogen werden. Sie stellt die Relevanz für Ihr Umweltmanagementsystem in drei Kategorien dar:
- A: sehr problematisch
- B: mittel problematisch
- C: unproblematisch
Die dieser Zuordnung zugrundeliegenden Kriterien könnten etwa so aussehen: Relevanz mit Blick auf
- rechtliche Anforderungen
- gesellschaftliche Anforderungen
- Beeinträchtigung der Umwelt (Normalzustand / Störfall)
- Umweltkosten
- vor- und nachgelagerte Prozesse
- Ressourcenverbrauch
Beispiel „gesellschaftliche Anforderungen“:
A: fortlaufende (berechtigte) Kritik von interessierten Parteien
B: Warnungen vor Verharmlosungen / Forderungen nach verschärften Bestimmungen
C: keine nennenswerte Kritik aus der Öffentlichkeit
Ist die Zuordnung der Relevanz (Bedeutung) für alle oben genannten Kriterien getroffen, kann das Gesamtergebnis in eine Matrix, zum Beispiel eine Heatmap, übertragen werden, die aufgrund der zuvor definierten Färbung die Bedeutung eines Umweltaspekts anzeigt. Auch die Zuordnung in einem Punktesystem kann hilfreich sein.
Welche Schlüsse Ihr Unternehmen aus der Ermittlung und Bewertung der bedeutenden Aspekte zieht, hängt von der aus den Ergebnissen resultierenden Betrachtung eventueller Risiken und Chancen für das Umweltmanagementsystem ab.

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Umweltaspekte auch bei EMAS
Die Ermittlung bedeutender Umweltaspekte ist indes kein Alleinstellungsmerkmal der ISO-Norm ISO 14001. Auch das Umweltmanagement-Gütesiegel der Europäischen Union, EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) stellt diese Anforderung im Zug der sogenannten Umwelterklärung auf. Bedeutende Umweltaspekte sind hier die Grundlage für die Formulierung von Umweltzielen.
Umweltaspekte normkonform bestimmen: Fazit
Dem Umgang mit Umweltaspekten kommt im Umweltmanagement nach ISO 14001 eine hohe Bedeutung zu. An dieser Stelle werden viele Weichen für ein wirksames Managementsystem gestellt – und für die Umwelt selbst. Die Ermittlung von bedeutenden Umweltaspekten mit negativen oder auch positiven Auswirkungen auf die Umwelt ist dabei kein Blick in die Kristallkugel.
Auch wenn die Norm keine konkrete Methode vorgibt, können für die Bestimmung der Umweltaspekte vergleichsweise unkompliziert prozessorientierte Werkzeuge und Vorgehensweisen erarbeitet werden. Beispiele dafür sind Checklisten für Umweltaspekte, wie deren Umweltauswirkungen identifiziert werden können oder etwa Bewertungsmatrices mit entsprechenden Bewertungskriterien. Unternehmen können die Anforderungen von ISO 14001 zu Umweltaspekten also auf einem systematischen, strukturierten und zielgerichteten Weg erfüllen.
DQS: Das können wir für Sie tun
Die Vorteile eines Managementsystems nach der Umweltnorm DIN EN ISO 14001 entfalten sich vollumfänglich mit der Auditierung und einer Zertifizierung. Als fachkundiger und von der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) akkreditierter Zertifizierer auditieren wir im Rahmen des klassischen Zertifizierungsprozesses die Wirksamkeit Ihres Umweltmanagementsystems. Es kann dabei auch Bestandteil eines integrierten Managementsystems sein.
Wir planen unsere Audits individuell und stimmen sie auf die Gegebenheiten und Ziele Ihres Unternehmens ab. Mit dem DQS-Zertifikat erhalten Sie einen international anerkannten Nachweis, dass die strengen Umweltanforderungen der Norm auch wirklich eingehalten wurden. Eine jährliche Überwachung dient der Prozessstabilität und der Risikominimierung. Alle drei Jahre erfolgt die Rezertifizierung.

Zertifizierung nach ISO 14001
Mit welchem Aufwand müssen Sie rechnen, um Ihr Managementsystem nach ISO 14001 zertifizieren zu lassen? Informieren Sie sich kostenfrei und unverbindlich.
Bitte beachten Sie: Unsere Beiträge werden ausschließlich von unseren Normexperten für Managementsysteme und langjährigen Auditoren verfasst. Sollten Sie Fragen an den Autor haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf. Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen.
Hinweis: Wir verwenden aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum. Die Direktive schließt jedoch grundsätzlich Personen jeglicher Geschlechteridentitäten mit ein, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
DQS Newsletter
Kai-Uwe Kaiser
DQS-Produktmanager, Auditor und Experte für Umwelt-, Energie-, Spareffizienz- und Nachhaltigkeitsthemen. Darüber hinaus Auditor für Qualität und Automotive. Herr Kaiser bringt eine jahrelange Erfahrung vom Produkt Manager über Produktionsleitung, Qualitätsleitung incl. Umwelt-, Energie- und Arbeitsschutzmanagement bis hin zum Werkleiter im Automotive Bereich ein. Seine Expertisen bringt er auch in diversen Trainings mit ein.
