Mit der neuen Richtlinie (EU) 2024/1785 vom 24. April 2024 hat die EU die bestehende Industrieemissionsrichtlinie (Industrial Emissions Directive, IED) 2010/75 grundlegend überarbeitet. Die sogenannte „IED 2.0“ bringt weitreichende Änderungen mit sich, die nicht nur Betreiber industrieller Anlagen, sondern auch Behörden, Zertifizierer und Auditoren betreffen. In diesem Beitrag werfen wir einen kompakten Blick auf die zentralen Neuerungen und skizzieren, welche praktischen Auswirkungen die Novellierung für die verschiedenen Adressatengruppen mit sich bringt.
Was ist die IED Richtlinie 2.0?
Die Kurzform „IED-Richtlinie 2.0“ steht für die überarbeitete Fassung der Industrieemissionsrichtlinie der EU (Richtlinie 2010/75/EU), die durch die neue Richtlinie (EU) 2024/1785 vom 24. April 2024 novelliert wurde und am 15. Juli 2024 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht wurde.
Mit der IED 2.0 verfolgt die EU das Ziel, industrielle Emissionen weiter zu reduzieren, unter anderem durch strengere Grenzwerte und zusätzliche Verpflichtungen für Betreiber. Gleichzeitig sollen natürliche Ressourcen besser geschützt und die Nachhaltigkeit industrieller Produktionsprozesse gestärkt werden. Zudem wird der Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeweitet, sodass künftig weitere Branchen und Tätigkeiten unter die Regelungen fallen. Die Umsetzung in nationales Recht soll bis 1. Juni 2026 erfolgen.
Weshalb wurde die IED-Richtlinie überarbeitet?
Die bisherigen Regelungen der IED aus dem Jahr 2010 reichen nicht mehr aus, um den aktuellen umwelt- und klimapolitischen Herausforderungen gerecht zu werden. Eine Überarbeitung war notwendig, um den regulatorischen Rahmenan zentrale europäische und internationale Strategien anzupassen – darunter der europäische Green Deal, das Pariser Abkommen, die Agenda 2030 der UN sowie zahlreiche sektorale Initiativen wie die Chemikalienstrategie, das Fit-for-55-Paket, die Methanstrategie oder die Biodiversitäts- und Bodenstrategie. Die IED 2.0 soll damit einen kohärenten Beitrag zu einer nachhaltigen, klimaneutralen und schadstoff armen Industrie leisten.
Umsetzung in Deutschland
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV) hat bereits einen Entwurf für ein Umsetzungsgesetz und eine Mantelverordnung veröffentlicht, um die Industrieemissionsrichtlinie 2.0 in nationales Recht zu überführen. Den aktuellen Stand finden Sie hier.
Wer ist von der IED-Richtlinie 2.0 betroffen?
In Deutschland betrifft die IED 2024 etwa 13.000 Industrieanlagen. Die IED 2.0 erweitert nicht nur bestehende Anforderungen, sondern auch den Anwendungsbereich der Richtlinie deutlich. Neben klassischen emissionsintensiven Industriezweigen wie der Energie- und Grundstoffindustrie werden künftig verstärkt auch Bereiche der verarbeitenden Industrie erfasst, etwa die Lebensmittelverarbeitung oder Textilproduktion. Darüber hinaus rückt der landwirtschaftliche Sektor stärker in den Fokus. Auch Abfallwirtschaft und Recycling sowie bestimmte Bereiche der Digitalisierung und Batteriefertigung im Kontext der Kreislaufwirtschaft werden nun reguliert.
Damit trägt die Richtlinie folgendem Rechnung: der technologischen Entwicklung, neuen Umweltbelastungen sowie dem zunehmenden politischen Druck zur Dekarbonisierung und Ressourceneffizienz.
Auswirkungen hat die neue IED Richtlinie auch auf eine Vielzahl von Akteuren entlang der regulatorischen und operativen Kette. Auf staatlicher Ebene sind Legislative und Exekutive ebenso betroffen wie die zuständigen Überwachungs- und Vollzugsbehörden. Im Kontext der Nachweiserbringung sind insbesondere Zertifizierungsgesellschaften, externe und interne Auditoren sowie betriebliche Managementbeauftragte in die Umsetzung eingebunden. Auch die Versicherungswirtschaft, etwa im Bereich Umwelt- und Haftungsrisiken, muss sich auf neue Rahmenbedingungen einstellen.
IED 2.0 - Was sind die Änderungen?
Die IED 2.0 führt zu deutlich strengeren Emissionsgrenzwerten und höheren Anforderungen an den Stand der Technik, basierend auf einem risikobasierten Ansatz und dem Vorsorgeprinzip. Betreiber müssen detailliertere und häufigere Emissionsberichte einreichen sowie bestimmte Umweltinformationen öffentlich zugänglich machen.
Ein zentrales Element ist die Einführung eines umfassenden Umweltmanagementsystems, einschließlich Chemikalienmanagement, das bis zum 1. Juli 2027 implementiert und anschließend alle drei Jahre extern durch zugelassene Konformitätsstellen auditiert werden muss. Das Umweltmanagementsystem muss sowohl die Vorgaben der IED Richtlinie selbst als auch die Schlussfolgerungen zu den besten verfügbaren Techniken (BVT) berücksichtigen. Zusammen fördern diese Maßnahmen Transparenz, Vorsorge und eine kontinuierliche Verbesserung der Umweltleistung.

IED 2.0 – Die Umsetzung im Unternehmen
In diesem kostenfreien Webinar erhalten Sie einen kompakten Überblick über die wichtigsten Änderungen der Industrieemissionsrichtlinie 2024, die Hintergründe der Novelle sowie die Auswirkungen auf den Anlagenbetrieb und verschiedene Interessengruppen entlang der regulatorischen und operativen Kette.
IED-Richtlinie 2.0 – was ist jetzt zu tun?
Mit der Veröffentlichung der IED 2.0 rückt bereits die konkrete Umsetzung in den Fokus. Unternehmen und andere betroffene Akteure sollten jetzt schon Maßnahmen einleiten, um rechtzeitig auf die neuen Anforderungen vorbereitet zu sein:
- Prüfung und Aktualisierung des Anlagenbestands sowie Bewertung, welche Anlagen welchen Stand der Technik einhalten müssen – unter Berücksichtigung etwaiger Übergangsfristen.
- Einführung oder Weiterentwicklung eines Umweltmanagementsystems, das neben ISO 14001 oder EMAS auch die neuen regulatorischen Anforderungen abdeckt.
- Bewertung der personellen und fachlichen Ressourcen zur Bewältigung des steigenden administrativen Aufwands.
- Prüfung möglicher Auswirkungen der neuen Anforderungen auf bestehende Versicherungen, insbesondere im Bereich Umwelthaftung.
Was geschieht bei Nichtumsetzung der IED-Richtlinie 2.0?
Die Nichtumsetzung der Richtlinie kann schwerwiegende Folgen haben, darunter Untersagung, Stilllegung oder Beseitigung von Anlagen, Bußgelder sowie Haft- und Geldstrafen nach Umweltstrafrecht. Zudem droht der Wegfall des Versicherungsschutzes bei nicht genehmigungskonformem Betrieb. Durch die Novelle der Umweltstrafrechtsrichtlinie 2024/1203, mit Umsetzungsfrist bis Mai 2026, werden diese Sanktionen deutlich verschärft.

ISO 14001 Zertifizierung
Mit welchem Aufwand müssen Sie rechnen, um Ihr Umweltmanagementsystem nach ISO 14001 zertifizieren zu lassen? Informieren Sie sich kostenfrei und unverbindlich.
IED 2.0 – was kann die DQS für Sie tun?
Mit der IED-Novelle ist, neben den verbindlichen Anforderungen an ein Umweltmanagementsystem, beginnend im Juli 2027 und dann alle 3 Jahre, auch die Prüfung und Konformitätsbewertung des Managementsystems durch eine akkreditierte Prüfungsgesellschaft wie die DQS vorgesehen. Die DQS kann Sie hier frühzeitig unterstützen und ihr vorhandenes Umweltmanagementsystem auf die künftigen IED 2.0 Anforderungen hin zu begutachten.
Vertrauen und Expertise
Unsere Texte und Broschüren werden ausschließlich von unseren Normexperten oder langjährigen Auditoren verfasst. Sollten Sie Fragen zu den Textinhalten oder unseren Dienstleistungen an unseren Autor haben, senden Sie uns gerne eine E-Mail: [email protected]
Hinweis: Wir verwenden aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum. Die Direktive schließt jedoch grundsätzlich Personen jeglicher Geschlechteridentitäten mit ein, soweit es für die Aussage erforderlich ist.
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Frank Machalz
Langjähriger Auditor der DQS für den Bereich Risiko- und Compliance Management und dessen Subsysteme, wie beispielsweise Antikorruption, Business Continuität, Arbeits- und Gesundheitsschutz, Umweltschutz oder Produktsicherheit. Seine interdisziplinäre Kompetenz wird besonders von Kunden mit einem integrierten, ganzheitlichen (Risiko) Managementsystem geschätzt. Darüber hinaus bringt Herr Machalz seine Expertise in den verschiedenen Gremien u.a. bei der Normungsarbeit beim DIN, der IHK Berlin und als Beiratsvorsitzender der Control Union Certifications Germany GmbH ein und partizipiert zugleich an dem Wissen und der Erfahrung der anderen Gremienmitglieder.
Als Geschäftsführer der envigration GmbH – Risk & Compliance Management in Berlin ist Frank Machalz mit seinem aus weiteren Juristen sowie Steuerberatern, Betriebswirten, Ingenieuren, Naturwissenschaftlern, Geisteswissenschaftlern und Psychologen bestehenden interdisziplinären Team seit vielen Jahren branchenübergreifend für internationale und nationale Organisationen beratend und betreuend tätig. Er und sein Team geben ihre jeweilige Fachexpertise regelmäßig auch in internen und externen Schulungsveranstaltungen weiter.
Frank Machalz ist Mitglied im DIN Normenausschuss Organisationsprozesse (NA Org) NA 175 –00 –01 AA Governance und Compliance Management. Seit mehreren Jahren wirkt hier aktiv bei der Erarbeitung der Norm ISO 37301 sowie von ISO 37000 und der DIN ISO 37002 mit. Darüber hinaus bringt er seine Expertise und Erfahrungen auch im Normenausschuss Qualitätsmanagement, Statistik und Zertifizierungsgrundlagen (NQSZ) NA 147-00-03-21 ein und wird hier aktiv bei der Erarbeitung der künftigen ISO 17021-13 mitwirken.
