Wenn man die Bedeutung des englischen Wortes Compliance (von engl. to comply = erfüllen) ins Deutsche überträgt, scheint eigentlich alles ganz klar und einfach, vor allem aber selbstverständlich. Die Verantwortlichen eines Unternehmens brauchen sich doch nur an alle relevanten (gesetzlichen) Regeln zu halten und ethisch korrekt zu handeln, und schon ist Compliance hergestellt – wo ist das Problem?
Die Antwort lautet: Die Realität ist eine andere. Viele Verantwortliche und Mitarbeiter im Unternehmen kennen die Regeln, die sie einhalten sollen, nicht. Andere kennen sie durchaus, halten sie aber ganz gezielt nicht ein. Manches wiederum ist auf den ersten Blick zwar kein Regelverstoß, aber dafür ethisch nicht besonders wertvoll oder nach heutigen CSR-Standards kaum vertretbar.
Nicht wenige Unternehmen agieren in einer mal ins Hellere, mal ins Dunklere changierenden Grauzone. Jedoch: Die Notwendigkeit, Licht in dieses Halbdunkel zu bringen, erkennen immer mehr Verantwortliche – nicht zuletzt auch wegen der damit verbundenen Haftungsrisiken.
Ein gutes Compliance Management schafft Klarheit
Unternehmen brauchen folglich eine Systematik, die sicherstellt, dass sämtliche (gesetzlichen) Regeln bekannt sind und eingehalten werden. Ein wirksames Compliance Management System (CMS) schafft Klarheit und Rechtssicherheit. Und: Es hilft der Unternehmensleitung, eine von ihr selbst gelebte Unternehmenskultur zu etablieren, in der Verstöße jeder Art keine Option sind. Diese Unternehmenskultur, in Amerika bildhaft als „Tone at the Top“ bezeichnet, ist letztlich auch der Schlüssel, um das gesamte Unternehmen wirksam und angemessen mit dem Compliance-Gedanken zu durchdringen.
Mit Compliance Management Haftungsrisiken wirksam minimieren
Die formale Sicherstellung der Regelkonformität durch ein wirksam implementiertes Compliance Management System trägt gleichzeitig wesentlich zur Haftungsvermeidung bzw. Haftungsminimierung bei, und das kann für ein Unternehmen existenziell sein. Dies betrifft in besonderem Maß die tatsächlich handelnden Personen, denn das deutsche Strafrecht kennt zumindest bisher kein „Unternehmensstrafrecht“.
Das neue Unternehmenssanktionsrecht, welches vom Bundesjustizministerium im Gesetzentwurf vorliegt, ist eine Art verschärftes Ordnungswidrigkeitenrecht mit Entschädigungen für Verbraucher und neuen Regeln für „internal investigations“. Somit wird deutlich, dass ein systematisches Compliance Management spürbare Erleichterungen für Unternehmen einräumen wird.
Compliance Management in der Rechtssprechung
Aus den §§ 93, 76 Aktiengesetz und § 43 GmbH-Gesetz leitet sich die Legalitäts- und Legalitätskontrollpflicht bzw. die Sorgfaltspflicht der Geschäftsführung ab. Das bedeutet, dass eine Organisations- und Auswahlpflicht in Bezug auf die Beschäftigten besteht. Die Geschäftsleitung muss also Vorkehrungen zur Sicherstellung eines rechtmäßigen Verhaltens des Unternehmens und seiner Mitarbeiter treffen. Im Fall der Fälle: Kommt die Geschäftsführung diesen Pflichten nicht oder nur unzureichend nach, kann sie dafür in Haftung genommen werden – laut § 130 in Verbindung mit § 30 OWiG* mit enormen Haftungssummen von bis zu 10 Mio. Euro. Wurde aufgrund einer unrechtmäßigen Handlung ein Gewinn erzielt, kann dieser gemäß § 29a OWiG eingezogen werden, was sich schnell zu einem dreistelligen Millionenbetrag auswachsen kann.
*OWiG – Gesetz über Ordnungswidrigkeiten