Wirkungsvolles Klimamanagement setzt die Aufstellung einer Treibhausgas-Bilanz (THG-Bilanz) gemäß ISO 14064-1 voraus. Dabei ist die Quantifizierung direkter und indirekter Treibhausgasemissionen (darunter auch CO2-Emissionen) eine zentrale Aufgabe, die teils erhebliche technische wie personelle Ressourcen binden kann. Unternehmen, die bereits über ein zertifiziertes Energiemanagementsystem nach der internationalen Norm ISO 50001 verfügen, können dabei von Synergien profitieren.

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Zwei bedeutende Normen zum Klimamanagement

 

Spezifikation ISO 14064-1

Die Spezifikation ISO 14064-1 liefert eine Anleitung zur quantitativen Bestimmung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen sowie dem Entzug von Treibhausgasen (THG). Sie liefert damit eine wesentliche Grundlage für wirksames Klimamanagement in Unternehmen. Die Spezifikation ist Teil der Normenreihe ISO 14064 und wurde im Jahr 2018 gründlich überarbeitet. Eine wesentliche Neuerung ist die Quantifizierung indirekter THG-Emissionen.

DIN EN ISO 14064-1:2019 – Spezifikation mit Anleitung zur quantitativen Bestimmung und Berichterstattung von Treibhausgasemissionen und Entzug von Treibhausgasen auf Organisationsebene

Energiemanagementnorm ISO 50001

Die internationale Norm ISO 50001 legt Anforderungen an ein Energiemanagementsystem (EnMS) fest. Gleichzeitig liefert sie in Anhang A eine formale Anleitung zu deren Umsetzung. ISO 50001 wurde im Jahr 2018 einer umfassenden Revision unterzogen. Dabei wurde unter anderem die gemeinsame Grundstruktur aller neueren ISO-Managementsystemnormen (High Level Structure – HLS) eingeführt. Zudem wurden im Zug der Revision Ergänzungen und Klarstellungen von Textstellen aus der Vorgänger-Version von 2011 vorgenommen. Zudem wurden neue Konzepte eingebracht, zum Beispiel die „Normalisierung“.

Die Norm ist anwendbar auf alle Unternehmenstätigkeiten mit Wirkung auf die energiebezogene Leistung. Sie fokussiert dabei auf die fortlaufende Verbesserung der Energieeffizienz beziehungsweise die Reduzierung des Energieverbrauchs. Jedoch fokussiert sie nicht explizit auf den Einsatz erneuerbarer Energien.

DIN EN ISO 50001:2018 – Energiemanagementsysteme – Anforderungen mit Anleitung zur Anwendung

Energiemanagement - Ausgangspunkt für Nachhaltigkeitsmanagement

Mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit ergibt sich für Unternehmen eine Hierarchie unterschiedlicher Managementbereiche. In Summe können sie eine Art integriertes Nachhaltigkeitsmanagementsystem bilden. Denn ein Energiemanagementsystem nach ISO 50001 kann mit seinem Fokus auf Energieeffizienz Ausgangspunkt und Teil eines wirksamen Klimamanagements sein, zum Beispiel entlang der Normenreihe ISO 14064.

Die Umsetzung von Klimamanagement ist wiederum eingebettet in eine ganzheitliche Nachhaltigkeitsaktivität im Sinne einer Corporate Social Responsibility (CSR), die für Unternehmen aller Art passt und  über ein Umweltmanagement deutlich hinaus geht. Das EnMS eines Unternehmens kann innerhalb dieses Managementsystems vor allem die Rolle eines „Datenlieferanten“ für eine THG-Bilanzierung einnehmen.

Wo liegen Synergien zwischen ISO 14064-1 und ISO 50001?

Um für anwendende Unternehmen Synergien zwischen der Spezifikation und der Norm aufzuspüren, bedarf es einer kurzen Übersicht, welche Anforderungen ISO 14064-1 an das Aufstellen einer THG-Bilanz stellt, die bezogen auf ISO 50001 ggf. relevant sein könnten:

  • Organisationsgrenzen: Kapitel 5.1 der Spezifikation bezieht sich auf die für eine korrekte Quantifizierung notwendige Festlegung der Organisationsgrenzen. Dabei sind auch THG-Quellen und THG-Senken zu berücksichtigen, die sich außerhalb, und zwar in finanziell oder operativ kontrollierten Organisationen oder aber in Beteiligungen der bilanzierenden Organisation befinden.
  • Berichtsgrenzen: Kapitel 5.2 behandelt die Festlegung der Berichtsgrenzen einer Organisation. Dazu gehört die Identifizierung sämtlicher direkter und indirekter THG-Emissionen und der entzogenen THG-Emissionen. In Kapitel 5.2.4 wird deren Einteilung in Kategorien gefordert, samt der Unterscheidung nach Art der Emission (anthropogen, biogen etc.).
  • Quantifizierung von THG-Emissionen: Kapitel 6.1 enthält Anforderungen an die Quantifizierung von THG-Emissionen und des Entzugs von THG. Die Quantifizierung setzt die Identifizierung und Dokumentierung der relevanten THG-Quellen und THG-Senken und deren Einteilung in Kategorien voraus (siehe Kap. 5.2). Zur Quantifizierung muss das Unternehmen einen geeigneten Ansatz anwenden. Also: Einen Prozess zur Erfassung von Primär- und Sekundärdaten und zur Bestimmung von Treibhausgasemissionen aus einer Quelle bzw. des THG-Entzugs aus einer Senke.
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ISO 14064-1 – Treibhausgase
Wir erläutern die Norm.

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Autor: Altan Dayankac, Produktexperte der DQS

ISO 50001 – Daten aus dem Anwendungsbereich des ENMS

ISO 50001 definiert den Anwendungsbereich eines EnMS als „Satz von Tätigkeiten, die eine Organisation durch ein Energiemanagementsystem behandelt“. Anmerkung 1 zum „Begriff“ ergänzt, dass das EnMS mehrere Grenzen und auch Transportvorgänge einschließen kann. In Kapitel 4.3 „Festlegen des Anwendungsbereichs“ erfolgt mit Blick auf eine THG-Bilanz jedoch eine Einschränkung. Dort heißt es: „Die Organisation muss sicherstellen, dass sie die Befugnis zur Steuerung ihrer Energieeffizienz, ihres Energieeinsatzes und Energieverbrauchs innerhalb des Anwendungsbereiches und der Grenzen besitzt.“ Diese Grenzen legt das Unternehmen selbst fest. Das bedeutet:

„Synergien zwischen ISO 14064-1 und ISO 50001 beziehen sich auf die Erhebung von Energiedaten und somit auf THG-Emissionen auf Organisationsebene.“

Dabei wird zunächst aber nicht danach unterschieden, ob sich die Daten auf herkömmliche oder erneuerbare Energie beziehen. Für die THG-Bilanz ist dies jedoch von Bedeutung. Daten zu Treibhausgasemissionen aus finanziell oder operativ kontrollierten Organisationen, aus Beteiligungen des bilanzierenden Unternehmens und aus vor- und nachgelagerten Prozessen werden von ISO 50001 ggf. nicht erfasst. Die Norm enthält auch keine Anforderungen, Daten bereitzustellen, die als Nachweis für direkte oder indirekte THG-Senken dienen könnten.

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Welche Energiedaten sind relevant für eine THG-Bilanz

Energiedaten aus dem Anwendungsbereich eines Energiemanagements gemäß ISO 50001 unterliegen den Anforderungen an die dokumentierte Information (Kap. 7.5.1). Das gilt dann, wenn die Energiedaten „notwendig für die Wirksamkeit des Energiemanagementsystems und den Nachweis der Verbesserung der energiebezogenen Leistung sind“.

Für eine THG-Bilanzierung relevante Daten werden dies in aller Regel erfüllen. Sie haben damit den großen Vorteil, aktuell, mit früheren Energiedaten vergleichbar und quasi „auf Knopfdruck“ verfügbar zu sein. Das EnMS liefert der THG-Bilanz mit den Daten auch die Identifizierung und Dokumentierung der jeweiligen THG-Quellen und deren Einteilung in Kategorien – soweit sie das Energiemanagementsystem betreffen.

Vom Energiemanagement zum Carbon Footprint

Ein Energiemanagementsystem erhebt energiebezogene Daten, um die Energieeffizienz zu erhöhen und Energiekosten bzw. den Energieverbrauch zu senken. Im Vordergrund stehen dabei Daten, die von Messeinrichtungen im Bereich sogenannter SEU (Significant Energy Use) erhoben werden. Die Abkürzung SEU steht für Orte, an denen ein Energieeinsatz mit wesentlichem Anteil am Energieverbrauch stattfindet und entsprechend großes Verbesserungspotenzial bezogen auf die energiebezogene Leistung besteht. Gemeint sind laut Norm „Anlagen/Standorte, Systeme, Prozesse oder Einrichtungen“. Die vom Unternehmen bestimmte Wesentlichkeit für das EnMS wird sich in aller Regel mit der Wesentlichkeit für dessen THG-Bilanz decken, wodurch eine diesbezügliche Wesentlichkeitsbetrachtung entfällt.

Aus dem EnMS verfügbare Daten können einerseits Verbrauchsdaten aus dem Energieeinkauf, also zugekaufter leitungsgebundener Energie sein, z.B. Elektrizität, Dampf, Heizung oder Kühlung (vorgelagerte, indirekte Emissionen). Es können auch Daten sein, die sich auf direkte Emissionen des Unternehmens beziehen. Beispiele hierfür sind stationäre oder mobile Anlagen etc. Die entsprechenden Prozesse, Geräte und Methoden zur Erfassung dieser Aktivitätsdaten sind dann bereits vorhanden. Dies bedeutet eine wesentliche Einsparung von Ressourcen. Lediglich die Wahl des dahinterstehenden Quantifizierungsansatzes muss noch erläutert und dokumentiert werden.

Lesen Sie mehr – unser Tipp

Dem Chemieunternehmen Zeller + Gmelin ist an seinem Hauptsitz Klimaneutralität gelungen. Die Basis für das erfolgreiche Klimamanagement: zahlreiche Energieeinsparprojekte und ein Zertifikat nach ISO 50001.

Zum Blogbeitrag: Einführung Klimamanagement ein Beispiel

Die im Zug der dokumentierten Information vorhandenen Energiedaten vergangener Jahre können die Auswahl des sog. „historischen Basisjahres“ erleichtern, auf das sich die aktuelle THG-Bilanz beziehen soll. Diese „historischen“ Daten müssen repräsentativ und verifizierbar sein, was das EnMS für seinen Anwendungsbereich sicherstellen kann.

Fazit - nachhaltiges Energiemanagement mit ISO 50001

Ein Energiemanagementsystem gemäß DIN EN ISO 50001 kann Ausgangspunkt für ein wirksames Klimamanagement sein. Es kann Hebel im Kampf gegen die Klimaerwärmung sein, der wiederum als Teil eines ganzheitlichen, integrierten Nachhaltigkeitsmanagementsystems zu betrachten ist. Unternehmen, die bereits über ein zertifiziertes Energiemanagementsystem verfügen, können also von Synergien profitieren, zum Beispiel bei der Aufstellung einer THG-Bilanz gemäß ISO 14064-1.

Aus der von der Energiemanagementnorm geforderten dokumentierten Information können alle wesentlichen Energiedaten aus dessen Anwendungsbereich verwendet werden. Die quasi „auf Knopfdruck“ abrufbaren Daten enthalten zudem Informationen zur Identifizierung und Dokumentierung der jeweiligen THG-Quellen und deren Einteilung in Kategorien. Ein wesentlicher Vorteil: Prozesse, Geräte und Methoden zur Erfassung von Aktivitätsdaten sind bereits vorhanden, was bei der Aufstellung einer THG-Bilanz Ressourcen schonen kann. Ein weiterer Nutzen kann die Verwendung der dokumentierten Information des EnMS für die Wahl des „historischen Basisjahres“ sein.

Mit Blick auf die gesamte Wertschöpfungskette erfasst ein Energiemanagementsystem die direkten Emissionen (Greenhouse Gas Protocol Scope 1) und indirekte eingekaufte Emissionen (GHG-Protocol Scope 2). Daten zu vor- und nachgelagerten Emissionen (GHG-Protocol Scope 3) werden von ISO 50001 nicht gefordert.

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Hinweis: Wir verwenden aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum. Die Direktive schließt jedoch grundsätzlich Personen jeglicher Geschlechteridentitäten mit ein, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

Autor
Altan Dayankac

Global Program Manager und Senior Sustainability Manager der DQS Gruppe und internationaler Experte für zahlreiche Nachhaltigkeits-, Klima-, Umwelt- und Arbeitssicherheitsthemen. Seine Expertise bringt Altan Dayankac zudem als Autor und Moderator in HSE- und Nachhaltigkeits-Komitees sowie in verschiedene Fachveranstaltungen ein.

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