Quo vadis, CSRD? Dass die Um­set­zung der EU Cor­po­ra­te Sus­taina­bi­li­ty Re­port­ing Di­rec­ti­ve (CSRD) in deut­sches Recht ins Stocken geraten ist, war bekannt. Nun hat jedoch auch die EU-Kom­mis­si­on mit der so­ge­nann­ten Om­ni­bus-Richt­li­nie einen weit­rei­chen­den Vor­schlag zur Re­du­zie­rung der Be­richts­pflich­ten ver­ab­schie­det. Für Nach­hal­tig­keits­ma­na­ger bleibt die Lage unübersichtlich. In diesem Blog­ar­ti­kel be­leuch­ten wir die ak­tu­el­len Ent­wick­lun­gen rund um die CSRD und die angekündigte Om­ni­bus-Ver­ord­nung.

Hinweis: Dieser Artikel wurde am 27. Februar 2025 veröffentlicht. Mit der am 14. April 2025 vom europäischen Rat verabschiedeten „Stop-the-Clock“-Richtlinie wurde der Geltungsbeginn der CS3D und der Zeitplan der CSRD verschoben, um Unternehmen mehr Zeit für die Vorbereitung zu geben und die politische Diskussion vor Geltungsbeginn der Richtlinien zu finalisieren. Damit wird die CSRD-Berichtspflicht um zwei Jahre verschoben. Die Erstanwendung der CS3D wird um ein Jahr auf den 26. Juli 2028 verschoben.

 

Was ist die CSRD?

Mit der europäischen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wurde für betroffene Unternehmen eine Pflicht zur jährlichen Nachhaltigkeitsberichterstattung ins Leben gerufen. Gemäß den in der CSRD definierten Schwellenwerten, wären in Deutschland ca. 15.000 Unternehmen direkt von der CSRD betroffen.

 

Was sind die Folgen der Nichtumsetzung in deutsches Recht?

In Deutschland wurde die Frist der EU, die europäische Richtlinie bis Anfang Juli 2024 in ein nationales Gesetz umzusetzen, nicht eingehalten. Nach den Vorgaben der CSRD hätten börsennotierte Unternehmen für das Geschäftsjahr 2024 eigentlich bereits nach den neuen europäischen Standards für Nachhaltigkeitsberichterstattung (ESRS) berichten müssen. Durch die fehlende Umsetzung in deutsches Recht besteht dazu jedoch keine Pflicht.

Für Unternehmen, die ab dem Geschäftsjahr 2025 von der CSRD betroffen sind und in 2026 zum ersten Mal nach den ESRS berichten müssen, ist die Lage weiterhin unklar. Wie schnell eine neue Bundesregierung nach der Wahl im Frühjahr 2025 eine Einigung zum CSRD-Umsetzungs​​gesetz erzielen kann, bleibt abzuwarten. Die Gefahr besteht, dass ein Umsetzungsgesetz erst im Herbst 2025 verabschiedet wird.

 

Was ist von der Omnibus-Richtlinie zu erwarten?

Aber nicht nur auf Bundesebene fehlt Klarheit – auch auf EU-Ebene wird wahrscheinlich zurückgerudert. Zur Stärkung der europäischen Wettbewerbsfähigkeit hat die EU Kommission am 26. Februar 2025 einen Vorschlag zur Anpassung der CSRD, CS3D, der Taxonomie-Verordnung und CBAM fertiggestellt – die sogenannte Omnibus-Initiative.

Wo die Omnibus-Richtlinie ursprünglich als Initiative zur Harmonisierung der Berichtspflichten angekündigt wurde, wurde in den letzten Wochen zunehmend deutlich, dass auch der Kern der bereits verabschiedeten Verordnungen erneut in Frage gestellt wird. So forderte die Europäische Volkspartei (EVP) neben einer Reduzierung der Berichtspflichten um 50 % auch eine Aussetzung der CSRD, der CS3D, der Taxonomieverordnung und des CO2-Grenzausgleichmechanismus CBAM um mindestens zwei Jahre. In der Zeit sollte der Anwendungsbereich dieser Gesetze eingeschränkt werden, damit nur noch Unternehmen mit mehr als 1 000 Beschäftigten betroffen sind.

Auch aus der am 29. Januar veröffentlichen Kommunikation zum „Competitiveness Compass“ der EU Kommission ging hervor, dass neben der Reduzierung der Berichtspflichten auch eine Einschränkung der Kreis der betroffenen Unternehmen angestrebt wird.

Am 26.02. wurde von der EU-Kommission der Richtlinienvorschlag veröffentlicht. Dieser legt einen klaren Fokus auf eine Harmonisierung der Anwendungsbereiche, eine Vereinfachung der Anforderungen, eine zeitliche Verschiebung und eine Reduzierung der Kreis der betroffenen Unternehmen.

 

Konkret für die CSRD sieht der Vorschlag folgendes vor:

  • Die Schwellenwerte zur Bestimmung der Gesetzesadressaten werden angezogen. Berichtspflichtig im Sinne der CSRD wären künftig nur Unternehmen ab einer Größe von 1 000 Mitarbeitenden, mit einem Umsatz von mindestens 50 Millionen € oder eine Bilanzsumme von 25 Millionen €. Da die Grenze vorher bei 250 Mitarbeitenden lag, würde diese Anpassung den Kreis der betroffenen Unternehmen erheblich reduzieren: 80 % der ursprünglich betroffenen Unternehmen wäre mit dieser Anpassung von der gesetzlichen Berichtspflicht befreit.
  • Unternehmen, die gemäß CSRD in 2026 oder 2027 hätten berichten müssen, müssten erst ab 2028 berichten (für das Geschäftsjahr 2027).
  • Die ESRS Standards sollen überarbeitet werden; die Zahl der verpflichtenden Datenpunkte soll substantiell reduziert werden.
  • Das Prinzip der doppelten Wesentlichkeit bleibt erhalten. Auch die Prüfpflicht bleibt bestehen. Allerdings wird das Vorhaben aufgegeben, die Prüftiefe nach der Anfangsphase von „limited Assurance“ auf „reasonable Assurance“ anzuheben.
     

Auch die mühsam zustande gekommene EU Corporate Sustainability Due Dilience Directive (CS3D) soll dem Vorschlag nach nun angepasst werden. Wenn es nach dem Omnibus-Richtlinienentwurf vom 26. Februar 2026 geht, soll die Umsetzung der CS3D in nationales Recht erst bis 2027 erfolgen, wodurch die ersten betroffenen Unternehmen die Sorgfaltspflichten erst ab Juli 2028 zu befolgen haben. Dem deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz ähnlich werden die Sorgfaltspflichten auf direkte Zulieferer beschränkt. Maßnahmen in Bezug auf indirekte Zulieferer sind nur anlassbezogen erforderlich. Zusätzlich sind Anpassungen bei der Taxonomieverordnung und CBAM vorgesehen, welche wir an separater Stelle kommentieren werden.

Wichtig zu betonen ist, dass es sich um einen Vorschlag der EU-Kommission handelt, der als Ausgangspunkt für die Trilogverhandlungen mit dem EU Parlament und mit dem Europäischen Rat dienen soll. Es ist davon auszugehen, dass sich das Verfahren über mehrere Monate ziehen wird. Das finale Ergebnis kann von dem Richtlinienentwurf erheblich abweichen.

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Was bedeutet das für die externe Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung?

Durch die Nichtumsetzung der CSRD in deutsches Recht besteht für Unternehmen mit Sitz in Deutschland weiterhin keine gesetzliche Pflicht zur externen Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung. Die Prüfung bleibt bis auf weiteres freiwillig.

 

Wer darf die externe Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durchführen?

Bei der Umsetzung der CSRD in nationales Recht müssen die einzelnen Mitgliedsstaaten unter anderem entscheiden, ob neben Wirtschaftsprüfungsgesellschaften auch akkreditierte Zertifizierungsgesellschaften als Prüfinstanz der Nachhaltigkeitsberichterstattung anerkannt werden.

Durch die Nichtumsetzung der CSRD in deutsches Recht bleibt die Situation bis auf weiteres unverändert: sowohl Wirtschaftsprüfer als auch Zertifizierungsgesellschaften können die Nachhaltigkeitsberichterstattung prüfen. Insbesondere für Unternehmen, die bereits ihre Managementsysteme von der DQS zertifizieren lassen, ist es sinnvoll, die Synergien zur externen Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung bei der Wahl der Prüforganisation zu berücksichtigen.

 

Welche Szenarien sind möglich?

Insbesondere für Unternehmen, die nach den aktuellen Schwellenwerten von der CSRD betroffen sind und in 2026 den ersten Nachhaltigkeitsbericht für das Geschäftsjahr 2025 vorlegen müssen, ist die aktuelle Unsicherheit äußerst ungünstig, da eine glaubwürdige Nachhaltigkeitsberichterstattung viel Vorbereitung und Vorlaufzeit benötigt. Vor dem Hintergrund der Entwicklungen in Deutschland und in der EU sind vollkommen unterschiedliche Szenarien denkbar:

  • Szenario 1: Die CSRD wird im Herbst 2025 in deutsches Recht umgesetzt. Auf EU-Ebene wird kein Konsens zur Reduzierung oder Aussetzung der Berichtspflichten erreicht. Dieses Szenario halten wir für unwahrscheinlich, da der Wunsch einer Reduzierung der Berichtspflichten in den europäischen Institutionen breit getragen wird.
    Folge: Über 15 000 Unternehmen in Deutschland müssen im Vorjahr 2026 vollumfänglich nach den ESRS-Standards berichten und eine externe Prüfung durchführen lassen.
     
  • Szenario 2: Im Laufe 2025 wird die CSRD nicht in deutsches Recht umgesetzt und/oder auf EU-Ebene wird eine Aussetzung der CSRD erreicht.
    Folge: Auch für das Geschäftsjahr 2025 besteht keine gesetzliche Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung.
     
  • Szenario 3: Auf EU-Ebene wird im Laufe 2025 ein Konsens zur Reduzierung der Berichtspflichten und zur Anhebung der Schwellenwerte erreicht, welcher so in deutsches Recht übernommen wird.
    Folge: Manche Unternehmen, die ursprünglich von der CSRD betroffen waren, werden nun von der Berichtspflicht befreit. Andere sind berichtspflichtig, müssen aber nach den angepassten ESRS Standards berichten, die aktuell noch nicht verfügbar sind.
     

Welche Handlungsempfehlungen ergeben sich daraus?

Vor diesem Hintergrund empfehlen wir allen betroffenen Unternehmen:

  • Für die jeweiligen Szenarien konkrete Pläne vorzubereiten, mit Fristen, Meilensteinen, Aufwandsabschätzungen, Ressourcenbedarf, etc. Die Risiken und Chancen, welche sich aus den unterschiedlichen Szenarien ergeben, sind aus unterschiedlichen Gesichtspunkten zu bewerten (Zugang zu Ressourcen, Zugang zu Daten, Datenqualität, Erfahrung und Kompetenz in der Nachhaltigkeitsberichterstattung, Kapazitätsengpässen bei externen Dienstleistern, …)
  • die nachhaltigkeitsrelevanten Anforderungen nicht-regulatorischer Stakeholder wie Kunden, Mitarbeitende und Investoren nicht aus den Augen zu verlieren
  • ein Nachhaltigkeitsmanagementsystem zu implementieren, als Grundlage für eine mögliche zukünftige Nachhaltigkeitsberichterstattung
  • Eine Wesentlichkeitsanalyse durchzuführen, welche den Anforderungen der ESRS-Standards entspricht. Sollte sich zu einem späteren Zeitpunkt herausstellen, dass Ihr Unternehmen durch eine Anpassung der CSRD doch nicht im Anwendungskreis fällt, hat die Wesentlichkeitsanalyse trotzdem einen großen Mehrwert, als Ausgangspunkt für die Priorisierung der Handlungsfelder.
  • Eine Klimabilanz und einen Transformationsplan zu erstellen. Unabhängig davon, wie sich die politischen Prioritäten verschieben, wird die EU weiterhin an den Zielen des Pariser Abkommen festhalten.
  • Sofern sich aus der Wesentlichkeitsanalyse ergibt, dass Menschenrechte in der Lieferkette für Ihr Unternehmen ein wesentliches Thema ist, sollten Unternehmen einen Due Diligence-Prozess implementieren, der sich an die Richtlinien der OECD orientiert. Obwohl auch im Bereich der Sorgfaltspflichten mit reduzierten Berichtspflichten zu rechnen ist, gibt es weiterhin wirksame regulatorische und nichtregulatorische Anreize für einen angemessenen und risikobasierten Ansatz. 

Fit für die CSRD - An­wen­der­trai­nings

Mit unserem um­fas­sen­den Schu­lungs­an­ge­bot rund um ESRS und CSRD unterstützen wir Un­ter­neh­men auf dem Weg zur CSRD-Com­pli­ance. Alle Trai­nings werden in Ko­ope­ra­ti­on der DQS und DFGE durchgeführt. Teil­neh­mer*in­nen pro­fi­tie­ren von der gebündelten Kom­pe­tenz der DFGE als pra­xis­ori­en­tier­ter Be­ra­tungs­part­ner und der DQS als an­er­kann­ter externer Prüfer von Nach­hal­tig­keits­be­rich­ten und ESG-In­di­ka­to­ren.

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Wie die DQS Ihnen weiterhelfen kann

Neben der Verifizierung von Nachhaltigkeitsberichten und ESG-Indikatoren führt die DQS aus Vorbegutachtungen durch. 

Eine Vorbegutachtung, auch Gap Assessment genannt, ermöglicht es Ihnen, frühzeitig eventuelle Verbesserungspotentiale zu erkennen und Ihre Nachhaltigkeitsberichterstattung auf sichere Füße zu stellen.

Das Timing der Vorbegutachtung richtet sich nach Ihren Vorstellungen: Geprüft werden kann sowohl ein Berichtsentwurf als auch ein vollständiger Bericht aus dem Vorjahr. Auch besteht die Möglichkeit, die Vorbegutachtung auf ausgewählte Indikatoren, Themen oder Geschäftsbereiche zu beschränken, wie z.B. die Wesentlichkeitsanalyse oder die Klimabilanzierung. 

Kontaktieren Sie uns - wir besprechen gerne Ihre Pläne. 

Nach­hal­tig­keits­be­rich­te extern prüfen: So geht's

Er­fah­ren Sie in unserer Informationsbroschüre, wie Sie Ihren Nach­hal­tig­keits­be­richt einer externen Prüfung un­ter­zie­hen und was dabei zu beachten ist. 

Jetzt kos­ten­frei her­un­ter­la­den
Autor
Dr. Thijs Willaert

Dr. Thijs Willaert ist Global Director Sus­taina­bi­li­ty Ser­vices. In dieser Funktion ver­ant­wor­tet er das gesamte Dienst­leis­tungs­port­fo­lio der DQS rundum ESG. Zu seinem In­ter­es­sens­ge­biet gehören unter anderem nach­hal­ti­ge Be­schaf­fung, men­schen­recht­li­che Sorg­falts­pflich­ten und ESG-Audits. 

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