Mit der Veröffentlichung der neuen BRCGS Pack­a­ging Version 7 am 28. Oktober 2024 stehen Un­ter­neh­men in der Ver­pa­ckungs­in­dus­trie vor wich­ti­gen An­pas­sun­gen. Die Revision bringt weit­rei­chen­de Änderungen in den Be­rei­chen Pro­dukt­si­cher­heit, Qualitätsmanagement, Ri­si­ko­be­wer­tung und Do­ku­men­ta­ti­on mit sich.

DQS Auditor Mathias Roth hat die neue Version für Sie ana­ly­siert und erläutert, welche Maßnahmen Un­ter­neh­men er­grei­fen müssen, um die neuen An­for­de­run­gen er­folg­reich um­zu­set­zen und ihre Zer­ti­fi­zie­rung zu si­chern.

Was sind die wichtigsten Änderungen?

Die BRCGS Packaging Version 7 umfasst eine Vielzahl von Neuerungen und Anpassungen in mehreren Kapiteln. Die wichtigsten Änderungen lassen sich in folgenden Bereichen zusammenfassen:

 

1. Förderung der Produktsicherheits- und Qualitätskultur

Warum ist das wichtig?
Die neue Version legt besonderen Wert darauf, eine starke Sicherheits- und Qualitätskultur in Unternehmen zu etablieren. Ziel ist es, dass alle Mitarbeitenden – unabhängig von ihrer Position – aktiv zur Produktsicherheit und Qualität beitragen.

Was hat sich geändert?

  • Qualitätskultur auf allen Ebenen:
    Unternehmen müssen dokumentierte Maßnahmen zur Förderung einer positiven Qualitätskultur entwickeln. Diese Maßnahmen sollen regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden (Kapitel 1.1.1).
  • Management-Engagement:
    Die oberste Leitung muss stärker eingebunden sein und sicherstellen, dass Risiken systematisch bewertet, Ressourcen bereitgestellt und Innovationen gefördert werden. Dies umfasst auch regelmäßige Managementbewertungen, die nicht nur die Wirksamkeit des Systems überprüfen, sondern auch gezielte Verbesserungen einleiten (Kapitel 1.2.2).
  • Klarere Anforderungen an die Kommunikation:
    Unternehmen müssen sicherstellen, dass alle Mitarbeitenden die Anforderungen an Qualität und Produktsicherheit verstehen. Kommunikative Maßnahmen wie regelmäßige Updates oder Schulungen sind verpflichtend (Kapitel 1.1.2).
     

2. Stärkerer Fokus auf einen risikobasierten Ansatz

Warum ist das wichtig?
Ein risikobasierter Ansatz hilft Unternehmen, potenzielle Gefahren systematisch zu identifizieren, zu bewerten und zu kontrollieren. Die Anforderungen wurden in BRCGS Packaging 7 präzisiert, um die Verpackungsindustrie besser an internationale Standards wie den Codex Alimentarius und HACCP-Prinzipien auszurichten.

Was hat sich geändert?

  • Gefahren- und Risikobewertung (HARA):
    Unternehmen müssen ihre HARA überarbeiten und dabei nicht nur physikalische, chemische und mikrobiologische Gefahren berücksichtigen, sondern auch Qualitätsrisiken, die die Funktionalität oder Eigenschaften der Verpackung beeinträchtigen könnten (Kapitel 2.1).
  • Integration von Lieferkettenrisiken:
    Risiken, die entlang der Lieferkette auftreten – von Rohmaterialien bis zur Distribution –, müssen systematisch bewertet und dokumentiert werden. Dazu gehört auch die Sicherstellung, dass Lieferanten geeignete Kontrollmaßnahmen implementiert haben (Kapitel 2.4).
  • Regelmäßige Überprüfung:
    Die HARA muss mindestens einmal jährlich oder bei signifikanten Änderungen aktualisiert werden (Kapitel 2.1.1).
     

3. Neuerungen bei unangekündigten Audits

Warum ist das wichtig?
Unangekündigte Audits erhöhen das Vertrauen in die Produktsicherheit und stellen sicher, dass Unternehmen jederzeit auditbereit sind.

Was hat sich geändert?

  • Obligatorisches unangekündigtes Audit alle drei Jahre:
    Unternehmen müssen innerhalb eines 3-Jahres-Zeitraums mindestens ein unangekündigtes Audit durchführen lassen – selbst wenn sie sich für das Programm mit angekündigten Audits entschieden haben. Dieses Audit wird von der Zertifizierungsstelle angekündigt, das genaue Datum bleibt jedoch unbekannt (Kapitel 1.1.9).
  • Planung und Kommunikation:
    Die Zertifizierungsstelle legt gemeinsam mit dem Unternehmen fest, in welchem Jahr das unangekündigte Audit stattfindet. Unternehmen sollten sicherstellen, dass alle relevanten Ressourcen und Prozesse auditbereit sind.

Tipp: Um unangekündigte Audits erfolgreich zu bestehen, sollten Unternehmen sicherstellen, dass alle relevanten Mitarbeitenden über die Anforderungen des Standards informiert sind und die Prozesse jederzeit auditbereit sind. Dies kann durch regelmäßige Schulungen, interne Audits und die Sicherstellung der Verfügbarkeit relevanter Dokumente wie der HARA, PRPs und Rückverfolgbarkeitsunterlagen erreicht werden. Darüber hinaus empfiehlt sich eine klare Zuweisung von Verantwortlichkeiten, sodass im Falle eines unangekündigten Audits jederzeit kompetente Ansprechpersonen zur Verfügung stehen.
 

4. Erweiterung des Anwendungsbereichs

Warum ist das wichtig?
Die Verpackungsindustrie entwickelt sich ständig weiter. Mit der neuen Version wird der Standard an moderne Produktionsmethoden, neue Materialien und Nachhaltigkeitsanforderungen angepasst.

Was hat sich geändert?

  • Einwegprodukte:
    Produkte wie Papierbecher, Servietten und andere Einwegartikel fallen nun unter die Zertifizierung, sofern sie denselben Herstellungsprozess wie Verpackungsmaterialien durchlaufen (Kapitel 4.9).
  • Nachhaltigkeit und neue Materialien:
    Der Standard berücksichtigt nun auch Risiken, die mit der Verarbeitung nachhaltiger oder recycelter Materialien verbunden sind. Unternehmen müssen sicherstellen, dass diese Materialien sicher und für ihren vorgesehenen Zweck geeignet sind (Kapitel 2.5.1).
     

5. Präzisere Anforderungen an Dokumentation und Rückverfolgbarkeit

Warum ist das wichtig?
Eine klare und nachvollziehbare Dokumentation sowie eine robuste Rückverfolgbarkeit sind essenziell, um Produktsicherheit und Qualität zu gewährleisten.

Was hat sich geändert?

  • Dokumentationsanforderungen:
    Alle Verpflichtungen, Prozesse und Bewertungen des Managements müssen klar dokumentiert und leicht überprüfbar sein. Dies umfasst auch Schulungen, Managementbewertungen und die Gefahrenanalyse (Kapitel 1.1.3, 2.11).
  • Rückverfolgbarkeit:
    Unternehmen müssen sicherstellen, dass die Rückverfolgbarkeit vom Rohmaterial bis zum fertigen Produkt und umgekehrt innerhalb von vier Stunden gewährleistet ist. Dies gilt auch für ausgelagerte Prozesse (Kapitel 3.10).
     

6. Einführung von „Prerequisite Programmes“ (PRPs)

Warum ist das wichtig?
PRPs bilden die Grundlage für Hygienemaßnahmen und Betriebsbedingungen, die Gefahren kontrollieren und Produktsicherheit gewährleisten.

Was hat sich geändert?

  • Definition und Anforderungen:
    In der neuen Version werden PRPs explizit benannt und beschrieben. Sie decken unter anderem folgende Bereiche ab:
    • Lieferantenzulassung und Beschaffung (Kapitel 3.6)
    • Wartung von Geräten und Gebäuden (Kapitel 4.7)
    • Reinigung und Haushaltsführung (Kapitel 4.8)
    • Schädlingsbekämpfung (Kapitel 4.11)
    • Produktentwicklung (Kapitel 5.1)
  • Regelmäßige Überprüfung:
    PRPs müssen regelmäßig überprüft und bei Bedarf angepasst werden, um neue Risiken oder Änderungen in den Produktionsprozessen zu berücksichtigen (Kapitel 2.2).

Wichtige Zeitangaben und Übergangsfristen

Die neue Version 7 des BRCGS Packaging Standards wurde am 28. Oktober 2024 veröffentlicht. Die Zertifizierung nach den Anforderungen der Version 7 beginnt ab dem 28. April 2025. Alle Zertifikate, die für Audits vor dem 28. April 2025 ausgestellt wurden, beziehen sich weiterhin auf Version 6 und bleiben für den auf dem Zertifikat angegebenen Zeitraum gültig. Unternehmen sollten die Übergangszeit nutzen, um ihre Prozesse, Systeme und Dokumentationen an die neuen Anforderungen der Version 7 anzupassen, um eine reibungslose Umstellung sicherzustellen. Ab dem 28. April 2025 können Zertifikate nur noch auf Grundlage der Version 7 ausgestellt werden.
 

Empfohlene Maßnahmen für Unternehmen

Um die neuen Anforderungen zu erfüllen, sollten Unternehmen folgende Schritte durchführen:

  1. Gefahrenanalyse (HARA) aktualisieren:
    Überarbeiten Sie Ihre HARA, um neue Risiken wie Allergene, Lieferkettenrisiken und die Migration von Substanzen zu berücksichtigen.
  2. Qualitäts- und Produktsicherheitskultur stärken:
    Entwickeln Sie dokumentierte Maßnahmen, um eine positive Kultur auf allen Unternehmensebenen zu fördern.
  3. PRPs umsetzen und regelmäßig überprüfen:
    Stellen Sie sicher, dass alle PRPs den neuen Anforderungen entsprechen und ihre Wirksamkeit überwacht wird.
  4. Allergene: Prüfen Sie mögliche Ursachen in Rohmaterialien oder im eigenen Herstellungsprozess. Vermeiden Sie ungewollte Kontamination ihrer Waren durch eine klare Strategie und Mitarbeiterschulungen. 
  5. Auditplanung anpassen: Berücksichtigen Sie die neuen Anforderungen für unangekündigte Audits und stellen Sie sicher, dass Ihre Ressourcen auditbereit sind.
     

Fazit

Die Revision des BRCGS Packaging Standards stellt Unternehmen vor neue Herausforderungen, bietet jedoch auch die Chance, ihre Prozesse zu optimieren und an internationale Standards anzupassen. Die starke Betonung auf Risiken, Nachhaltigkeit und Qualitätskultur spiegelt die Anforderungen der modernen Verpackungsindustrie wider.

Mit der frühzeitigen Umsetzung der Änderungen können Unternehmen nicht nur die Zertifizierungsanforderungen erfüllen, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern.
 

DQS – Ihr Partner für die BRCGS Packaging Zertifizierung

Die DQS ist eine akkreditierte Zertifizierungsstelle für den BRCGS Packaging Standard. Mit qualifizierten Auditoren und Auditorinnen auf der ganzen Welt stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Kontaktieren Sie uns - wir besprechen gerne Ihre Pläne!

Autor
Mathias Roth

Nach einer kaufmännischen Aus­bil­dung ar­bei­te­te Mathias Roth ab 1990 in einem Un­ter­neh­men für Me­tall­erzeu­gung und -ver­ar­bei­tung in lei­ten­der Funktion für den Bereich der Qualitätssicherung. Seit 1999 hat er fun­dier­te Kennt­nis­se in der Her­stel­lung von Papier- und Kunst­stoff­pro­duk­ten für die Le­bens­mit­tel- und Au­to­mo­bil­in­dus­trie. Im Jahr 2012 übernahm er die Ver­ant­wor­tung für die Bereiche Qualität, Umwelt, Le­bens­mit­tel­kon­takt­ma­te­ria­li­en, Energie, FSC und PEFC. Er führte als lei­ten­der Auditor, Interne (1th-Par­ty) und in­ter­na­tio­na­le Lie­fe­ran­ten­au­dits (2nd-Par­ty) durch. Zusätzlich war er ver­ant­wort­lich für den Ar­beits­schutz, Brand­schutz, Ge­fahr­gut, Ge­fahr­stof­fe und Ex­plo­si­ons­schutz.

Sei­ne Er­fah­run­gen für die Her­stel­lung von Le­bens­mit­tel­kon­takt­ma­te­ria­li­en ver­tief­te er viele Jahre in der Ar­beits­grup­pe „Konformität“ der In­dus­trie­ver­ei­ni­gung der Le­bens­mit­tel­her­stel­ler und Ver­pa­ckung (IVLV), am Fraun­ho­fer Institut in Frei­sing.

Er verfügt über um­fas­sen­des Wissen über die An­for­de­run­gen an Ver­pa­ckungs­ma­te­ria­li­en aus dem Europäisches Recht, den US-Vor­ga­ben der FDA, dem Japanese Food Sa­ni­ta­ti­on Law (JFSL) und hat Kennt­nis­se zu den Vorgaben der GB-Stan­dards der NHC, Chi­na.

Herr Roth ist seit November 2023 in diversen Stan­dards für die DQS als frei­be­ruf­li­cher Auditor tätig.

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