Die bekannte Norm ISO 14001 stellt Anforderungen an Umweltmanagementsysteme. Einige dieser Anforderungen haben für die Wirksamkeit des Managementsystems zentralen Charakter. Dazu gehören auch die Anforderungen an den Umgang mit Risiken und Chancen, insbesondere mit Blick auf die bedeutenden Umweltaspekte eines Unternehmens. Unser Normexperte zeigt im folgenden Beitrag ein mögliches Herangehen zur normkonformen Umsetzung auf.

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Was sind Umweltaspekte im Umweltmanagement?

Der Fachbegriff ist tatsächlich nicht selbsterklärend, weshalb die Umweltnorm DIN EN ISO 14001 dazu folgende Definition liefert:

Umweltaspekte: „Bestandteil der Tätigkeiten oder Produkte oder Dienstleistungen einer Organisation, der in Wechselwirkung mit der Umwelt tritt oder treten kann“.

Die Anmerkungen zur Definition ergänzen sinngemäß, dass ein Umweltaspekt nur dann ein Umweltaspekt ist, wenn er eine oder mehrere Umweltauswirkungen hat oder zumindest haben kann. Dabei gilt die Regel: Je bedeutender ein Aspekt ist, desto bedeutender ist gegebenenfalls auch dessen Auswirkung auf die Umwelt.

Nach dieser Definition ist praktisch jede Art von Unternehmensaktivität mit mehr oder weniger bedeutenden Umweltaspekten behaftet, beispielsweise beim Versenden eines Pakets. Was im Einzelfall nicht von Belang sein mag, kann sich jedoch bei massenhaftem Paketversand (etwa bei einem Versandhandel) zu einem wesentlichen Umweltaspekt ausweiten.

Welche wesentlichen Anforderungen stellt die Norm?

In Kapitel 6.1.2 von ISO 14001 werden die Anforderungen konkretisiert.

Ein Unternehmen muss zunächst seine Umweltaspekte und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Umwelt ermitteln und bewerten. Und zwar unter Berücksichtigung des gesamten Inputs und Outputs von Material, Energie und aller realistischen Betriebszustände innerhalb des Anwendungsbereichs des Umweltmanagementsystems.

Im nächsten Schritt sind jene Umweltaspekte zu ermitteln, die eine bedeutende Veränderung der Umwelt bewirken oder bewirken können. Demzufolge sind sie für das Umweltmanagementsystem relevant. Wesentlich dabei ist, dass Ihre Organisation die ermittelten Aspekte auch steuern oder zumindest beeinflussen kann.

Umweltaspekte in der Lebenswegbetrachtung

Gleichzeitig fordert die Umweltnorm, dass bei der Ermittlung der Umweltaspekte eine Lebenswegbetrachtung, sowohl von Produkten als auch von Dienstleistungen. Dies kann auch Umweltauswirkungen betreffen, die sich aus der Behandlung von Produkten am Ende ihres Lebenswegs ergeben – gegebenenfalls lange, nachdem Ihr Produkt das Unternehmen verlassen hat.

Aber auch der Beginn des Lebenswegs (Beschaffung von Rohstoffen oder Komponenten für ein Produkt) und die Produktentwicklung spielen eine wichtige Rolle. Durch geschickte Entwicklungen lassen sich Materialien und Verpackungen einsparen, recyceln und/oder wiederverwenden. Dies gilt auch für den Herstellungsprozess an sich.

Ein wesentlicher Aspekt ist zudem die beabsichtigte Verkürzung des Lebenszyklus eines Produktes. Dadurch versetzen sich Unternehmen bewusst in die Lage, einen ökonomischen (monetären) Vorteil für sich zu verwenden. Auf der anderen Seite sorgt dies dafür, dass Produkte schneller ihr Lebensende erreichen und somit früher als eventuell notwendig der Entsorgung zugeführt werden. 

Somit hat die Entwicklung einen direkten Einfluss auf die meisten Umweltaspekte. Im Wesentlichen betrifft das den Verbrauch von Rohstoffen und natürlichen Ressourcen, den Verbrauch und die Freisetzung von Energie, Abfall und Emissionen. Je nachdem, um welche Art der Produktion es sich handelt, können auch andere Aspekte relevant sein, beispielsweise Ableitungen in Gewässer, Verunreinigung von Böden und der Verbrauch von Flächen.

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ISO 14001 – Lebenswegbetrachtung

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  • Ökobilanz

Das Erstellen einer Öko-Bilanz von Produkten oder Dienstleistungen ist jedoch keine Normanforderung. Im Anhang der ISO-Norm heißt es unter A.6.1.2, dass eine „sorgfältige Betrachtung“ der einzelnen Abschnitte des Lebenswegs, auf die das Unternehmen Einfluss nehmen kann, genügt.

Was eine „sorgfältige Betrachtung“ genau bedeutet, gibt die Norm nicht vor. Darüber muss jede Organisation unter Berücksichtigung der eigenen Situation selbst entscheiden. Als Beispiel kann im Automotive-Bereich die Altfahrzeug-Verordnung genannt werden. Sie regelt die Rücknahme und Verwertung von Fahrzeugen, die zu Altfahrzeugen und damit zu Abfall im Sinne des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geworden sind. 

Exkurs: EU-Taxonomie Verordnung

Mit dem Inkrafttreten der EU-Taxonomie (EU) 2020/852 in 2022 sind große börsennotierte Unternehmen zur Offenlegung verpflichtet, inwieweit ihre Wirtschaftsaktivitäten den Nachhaltigkeitskriterien der Taxonomie entsprechen. Die Kriterien wurden in einem Konsultationsprozess von technischen Experten festgelegt. Dabei hat man sich auf sechs Umweltziele verständigt:

  • Klimaschutz
  • Anpassung an den Klimawandel
  • Nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen
  • Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft,
  • Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung 
  • Schutz und Wiederherstellung von Biodiversität und Ökosystemen

Der Zusammenhang der EU-Taxonomie Verordnung zur ISO-Norm 14001 wird durch dieses Klassifikationssystem deutlich. Alle Aspekte, die internationale Norm bereits abgedeckt, spiegeln sich in der EU-Taxonomie Verordnung wider:

  • Klimaschutz
  • Wasser und Meer
  • Kreislaufwirtschaft
  • Umweltverschmutzung
  • Biodiversität

ISO 14001: Umweltaspekte bestimmen

Es ist nicht notwendig, jeden Rohstoff, jedes einzelne Produkt oder jede einzelne Tätigkeit im Zug einer Dienstleistung auf relevante Umweltauswirkungen zu untersuchen. Vielmehr können Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen sinnvoll gruppiert beziehungsweise in Kategorien eingeteilt werden. Vorausgesetzt, es liegen gemeinsame signifikante Merkmale vor. 

„Das Management der Umweltaspekte wird nach ISO 14001:2015 als Umweltleistung bezeichnet.“

DIN EN ISO 14001:2015, Kap. 3.4.11

Schließlich muss Ihr Unternehmen bestimmen, ob sich aus diesen Merkmalen relevante Aspekte ergeben, welche bedeutenden Umweltauswirkungen daraus möglicherweise resultieren und wie die Umweltleistung verbessert werden kann. ISO 14001 macht im Anhang unter A.6.1.2 Vorschläge, welche Umweltaspekte dabei unter Umständen in Frage kommen. Diese „Checkliste“ ist jedoch weder vollständig, noch treffen die genannten Aspekte auf jedes Unternehmen und jede Organisation gleichermaßen zu.

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Schulung ISO 14001 – Grundlagen eines Umwelt-Managementsystems

Erfahren Sie alles notwendige über Struktur, Nutzen und wichtigste Inhalte von ISO 14001:2015. 

Aus dem Inhalt: 

  • Grundlagen und Ziele von ISO 14001
  • Planung mit Umweltzielen und -programmen
  • Lebenswegbetrachtung und deren risikoorientierte Umsetzung
  • Ablauf eines Zertifizierungsverfahrens

Beispiele für Umweltaspekte

  • Emissionen in die Atmosphäre
  • Ableitungen in Gewässer
  • Verunreinigung von Böden
  • Verbrauch von Rohstoffen und natürlichen Ressourcen
  • Verbrauch und Freisetzung von Energie
  • Erzeugung von Abfall
  • Verbrauch von Flächen

Diese Aufzählung nennt übergeordnete Umweltaspekte, die gegebenenfalls weiter aufgeschlüsselt werden müssen. So geht zum Beispiel dem Verbrauch von Rohstoffen immer auch der Abbau und Transport dieser Rohstoffe voraus. Dadurch ergeben sich wieder einzelne, nur teilweise steuerbare, aber eventuell beeinflussbare Umweltaspekte.

Die oben erwähnte Lebenswegbetrachtung eines Produkts oder einer Dienstleistung spielt für die Festlegung auf indirekte oder direkte Umweltaspekte also eine wesentliche Rolle. Berücksichtigt werden müssen auch Produkte und Dienstleistungen Dritter, die in die Wirtschaftsaktivität Ihres Unternehmens einfließen.

Umweltaspekte ermitteln und bewerten

Zur Ermittlung der wesentlichen Umweltaspekte gibt ISO 14001 keine Methode vor. Im Anhang steht dazu folgende Aussage: „Für die Bestimmung der bedeutenden Umweltaspekte gibt es keine spezielle Methode, allerdings sollten die Methode und die festgelegten Kriterien konsistente Ergebnisse liefern.“

Ein guter Einstieg ist, relevante Umweltaspekte mit Blick auf alle Betriebszustände (bestimmungsgemäß und nicht bestimmungsgemäß) sowie nach direkten und indirekten Aspekten zu unterscheiden. Am besten geschieht dies entlang der oben aufgeführten Checkliste. Dabei ist es sinnvoll, die möglicherweise daraus resultierenden Auswirkungen auf die Umwelt gleich mit zu betrachten.

„Umweltaspekte müssen nicht nur negative Umweltauswirkungen haben – sie können auch positive Folgen haben.”

Zur Bewertung der Umweltaspekte müssen Umweltkriterien festgelegt werden. Diese Umweltkriterien sind jeweils nach der Art des Umweltaspekts und der Schwere der möglichen Umweltauswirkung einzuordnen. Dabei ist zu beachten, dass ein auf den ersten Blick eventuell nicht bedeutender Aspekt durch die Anwendung weiterer Kriterien Bedeutung erlangen kann. Dies sollte zum Beispiel mit Blick auf rechtliche oder andere bindende Verpflichtungen oder Anliegen von interessierten Parteien der Fall sein.

ISO 14001 – nachhaltiges Umweltmanagement

Zertifiziertes Umweltmanagementsystem nach internationaler Norm ✓ Risiken minimieren und Umweltleistung steigern ✓ Verantwortungsvoll und nachhaltig wirtschaften ✓

Mehr zur Umweltnorm ISO 14001

Die ISO-Norm spricht im Zusammenhang mit der Ermittlung von bedeutenden Umweltaspekten nicht nur von solchen, die nachteilige Umweltauswirkungen haben, sondern auch von jenen, die sich positiv auf die Umwelt auswirken. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein Unternehmen entsprechende Maßnahmen ergreift. Beispiele hierfür sind die Verbesserung der Wasser- oder Bodenqualität sowie die Stärkung des Umweltbewusstseins durch Schulungen.

Bewertungsmatrix und Bewertungskriterien

Die Ermittlung relevanter Umweltaspekte sollte prozessorientiert erfolgen und auf einer Input-Output-Analyse basieren, eventuell in organisatorische (auch räumliche) Einheiten gegliedert. Für eine solche Analyse bedarf es geeigneter Kennzahlen, beispielsweise durch Messungen. Mithilfe der Kennzahlen können eingehende Stoffströme und ausgehende Stoffströme ermittelt und quantifiziert werden.

Eingehende Stoffströme – Beispiele
Energie, Wasser, Rohstoffe, Hilfsstoffe etc.

Ausgehende Stoffströme – Beispiele
Produkte, Abfall, Emissionen, Abwasser, Abwärme etc.

Zur regelmäßigen Bewertung der ermittelten direkten und indirekten Umweltaspekte kann die recht einfach umzusetzende ABC-Methode herangezogen werden. Sie stellt die Relevanz für Ihr Umweltmanagementsystem in drei Kategorien dar:

  • A: sehr problematisch
  • B: mittel problematisch
  • C: unproblematisch

Die dieser Zuordnung zugrundeliegenden Kriterien könnten etwa so aussehen: Relevanz mit Blick auf

  • rechtliche Anforderungen
  • gesellschaftliche Anforderungen
  • Beeinträchtigung der Umwelt (Normalzustand / Störfall)
  • Umweltkosten
  • vor- und nachgelagerte Prozesse
  • Ressourcenverbrauch

 

Beispiel „gesellschaftliche Anforderungen“:

A: fortlaufende (berechtigte) Kritik von interessierten Parteien
B: Warnungen vor Verharmlosungen / Forderungen nach verschärften Bestimmungen
C: keine nennenswerte Kritik aus der Öffentlichkeit

Ist die Zuordnung der Relevanz (Bedeutung) für alle oben genannten Kriterien getroffen, kann das Gesamtergebnis in eine Matrix, zum Beispiel eine Heatmap, übertragen werden, die aufgrund der zuvor definierten Färbung die Bedeutung eines Umweltaspekts anzeigt. Auch die Zuordnung in einem Punktesystem kann hilfreich sein.

Welche Schlüsse Ihr Unternehmen aus der Ermittlung und Bewertung der bedeutenden Aspekte zieht, hängt von der aus den Ergebnissen resultierenden Betrachtung eventueller Umweltrisiken und Chancen für das Managementsystem ab.

Umweltaspekte auch bei EMAS

Die Ermittlung und Bewertung von Umweltaspekten ist kein Alleinstellungsmerkmal der ISO-Norm. Auch das Umweltmanagement-Gütesiegel der Europäischen Union, EMAS (Eco-Management and Audit Scheme) stellt diese Anforderung im Zuge der sogenannten Umwelterklärung auf. Bedeutende Aspekte sind hier die Grundlage für die Formulierung von Umweltzielen.

Umweltaspekte normkonform bestimmen: Fazit

Dem Umgang mit Umweltaspekten kommt im Umweltmanagement nach ISO 14001 eine hohe Bedeutung zu. An dieser Stelle werden viele Weichen für ein wirksames Managementsystem gestellt – und für die Umwelt selbst. Die Ermittlung bedeutender Aspekte mit negativen oder auch positiven Auswirkungen auf die Umwelt ist dabei kein Blick in die Kristallkugel.

Obwohl die Norm keine konkrete Methode vorgibt, können für die Bestimmung vergleichsweise unkompliziert prozessorientierte Werkzeuge und Vorgehensweisen erarbeitet werden. Beispiele dafür sind Checklisten, wie Umweltauswirkungen identifiziert werden können, oder Bewertungsmatrices mit entsprechenden Bewertungskriterien. Die Normanforderungen können Unternehmen damit auf einem systematischen, strukturierten und zielgerichteten Weg erfüllen.

DQS: Das können wir für Sie tun

Die Vorteile eines Umweltmanagementsystems entfalten sich vollumfänglich mit der Auditierung und Zertifizierung nach ISO 14001. Als fachkundiger und von der Deutschen Akkreditierungsstelle GmbH (DAkkS) akkreditierter Zertifizierer auditieren wir im Rah­men des klassischen Zertifi­zierungsprozesses die Wirksamkeit Ihres Managementsystems. Es kann dabei auch Bestandteil eines integrierten Manage­mentsystems sein.

Wir planen unsere Audits individuell und stimmen sie auf die Gegebenheiten und Ziele Ihres Unternehmens ab. Mit dem DQS-Zertifikat erhalten Sie einen international anerkannten Nachweis, dass die strengen Umweltanforderungen der Norm auch wirklich eingehalten wurden. Eine jährliche Überwachung dient der Prozessstabilität und der Risikominimierung. Alle drei Jahre erfolgt die Rezertifizierung.

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Zertifizierung nach ISO 14001

Mit welchem Aufwand müssen Sie rechnen, um Ihr Managementsystem nach ISO 14001 zertifizieren zu lassen? Informieren Sie sich kostenfrei und unverbindlich.

Bitte beachten Sie: Unsere Beiträge werden ausschließlich von unseren Normexperten für Managementsysteme und langjährigen Auditoren verfasst. Sollten Sie Fragen an den Autor haben, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf. Wir freuen uns auf das Gespräch mit Ihnen.

Hinweis: Wir verwenden aus Gründen der besseren Lesbarkeit das generische Maskulinum. Die Direktive schließt jedoch grundsätzlich Personen jeglicher Geschlechteridentitäten mit ein, soweit es für die Aussage erforderlich ist.

Autor
Kai-Uwe Kaiser

DQS-Produktmanager, Auditor und Experte für Umwelt-, Energie-, Spareffizienz- und Nachhaltigkeitsthemen. Darüber hinaus Auditor für Qualität und Automotive. Herr Kaiser bringt eine jahrelange Erfahrung vom Produkt Manager über Produktionsleitung, Qualitätsleitung incl. Umwelt-, Energie- und Arbeitsschutzmanagement bis hin zum Werkleiter im Automotive Bereich ein. Seine Expertisen bringt er auch in diversen Trainings mit ein.  

 

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