Während in Deutschland die Debatte noch läuft, ist die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in vielen Ländern bereits beschlossene Sache. Die Einführung von gesetzlichen Pflichten zwingt viele Unternehmen dazu, die Funktion von Sozialaudits neu zu definieren. Welche Rolle Sozialaudits im Rahmen der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht spielen können, erörtern wir in diesem Beitrag.

Was bereits geschah:

Im September 2017 wurde der Nationale Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte veröffentlicht. Dieser Plan verlangt, dass Unternehmen die Auswirkungen ihres wirtschaftlichen Handelns in Bezug auf Menschenrechte ermitteln und geeignete Maßnahmen treffen, um mögliche nachteilige Auswirkungen zu vermeiden. Sanktionen für Unternehmen, die dem Aktionsplan nicht nachkommen, sind allerdings nicht vorgesehen – der Plan ist kein Gesetz und ist rechtlich nicht durchsetzbar. Genau diese Lücke soll das sogenannten Wertschöpfungskettengesetz schließen.

Hier haben wir für Sie weiterführende Informationen zum Gesetzesvorhaben zusammengestellt.

Sozialaudits umdenken

Sozialaudits werden zunehmend dazu eingesetzt, der unternehmerischen Sorgfaltspflicht in Bezug auf Menschenrechte nachzukommen. Dies erfordert ein Umdenken des traditionellen Sozialaudits:

– Motivation: Von freiwillig zu gesetzlich verpflichtet
– Funktion: Von einer frei zu definierenden Funktion innerhalb der CSR-Strategie zu einer unterstützenden und diagnostischen Funktion in einem klar umrissenen Due Diligence-Ansatz
– Kriterien: Von einem frei zu bestimmen Verhaltenskodex für Lieferanten zum Menschenrechtskatalog
– Konsequenzen: Von einer Reputationsfrage zu einer Haftungsfrage

Im Folgenden gehen wir der Frage nach, wie Sozialaudits konzipiert werden sollten, damit sie zur effektiven Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht beitragen.

Wie tragen Sozialaudits zur Einhaltung der 
Menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht bei?

Nahezu alle gesetzlichen Vorgaben zur menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht gehen auf die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen zurück. Demnach müssen alle Unternehmen ein „Verfahren der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht“ entwickeln, um „die Folgen ihrer Tätigkeit im Hinblick auf die Menschenrechte zu ermitteln, Verstößen vorzubeugen, Auswirkungen zu lindern und Verantwortung zu übernehmen.“

Welche Rolle Sozialaudits dabei übernehmen können, wird in den Leitprinzipien nicht beschrieben. Es leuchtet aber ein, dass sie vor allem dazu beitragen, den Status Quo in der Lieferkette zu ermitteln und tatsächliche und potentielle Menschenrechtsverletzungen zu identifizieren. Insofern ist ihre Funktion hauptsächlich diagnostisch.

Darüber hinaus können Sozialaudits auch vorbeugend und sogar korrigierend wirken:

  • Dadurch, dass Lieferanten wissen, dass Kontrollen stattfinden können, werden Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter getroffen.
  • Für alle Abweichungen, die im Rahmen eines Audits festgestellt werden, werden in der Regel Korrekturmaßnahmenpläne aufgestellt.

Wie NGOs und Menschenrechtsaktivisten allerdings zurecht betonen, reichen Sozialaudits alleine nicht aus, um die Arbeitsbedingungen erheblich und dauerhaft zu verbessern. Sozialaudits an sich tragen erst zur Einhaltung der menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht bei, wenn die Auditergebnisse berücksichtigt werden, Folgemaßnahmen eingeleitet werden und die grundlegenden Ursachen angegangen werden.

Welche Kriterien müssen vom Audit abgedeckt 
werden, damit es zur Einhaltung der 
Menschenrechtlichen Sorgfaltspflicht beiträgt?

Die Leitprinzipien der Vereinten Nationen basieren auf den international anerkannten Menschenrechten sowie den internationalen Arbeitsstandards, wie sie in der internationalen Menschenrechtschart und den Konventionen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) festgelegt sind.

Es existieren eine ganze Reihe von Standards und Initiativen, die auf Basis dieser Dokumente Auditprotokolle aufgestellt haben. Dazu zählen unter anderem allgemeine Standards wie Sedex SMETA sowie branchenspezifische Initiativen wie die Responsible Business AllianceAluminium Stewardship Initiative, Farm Sustainability Assessments und viele mehr.

Welche Folgen hat die Haftungsfrage für die 
Duchführung von Sozialaudits?

Unternehmen, die sich mit Menschenrechtsverletzungen in der Lieferkette konfrontiert sehen, sind Haftungsrisiken ausgesetzt. Um Risiken zu minimieren, ist es empfehlenswert, sich an bewährten Praktiken zu orientieren. Das bedeutet konkret:

  • Internationale Standards anwenden, statt eigene Auditchecklisten zu entwickeln
  • Sich Brancheninitiativen anzuschließen, wenn vorhanden
  • Nur Audits von anerkannten Auditgesellschaften zu akzeptieren (Stichwort APSCA)
  • Verfahren zur Nachbearbeitung von Audits einzuhalten und sowohl die Korrekturmaßnahmen der auditierten Lieferanten als auch eigene Maßnahmen in Bezug auf die Lieferantenbeziehung zu dokumentieren
Autor
Dr. Thijs Willaert

Dr. Thijs Willaert ist Global Director Sustainability Services. In dieser Funktion verantwortet er das gesamte Dienstleistungsportfolio der DQS rundum ESG. Zu seinem Interessensgebiet gehören unter anderem nachhaltige Beschaffung, menschenrechtliche Sorgfaltspflichten und ESG-Audits. 

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